Darmkrebs erkennen, bevor er entsteht
BMBF fördert neue Forschungsallianz in der Darmkrebsprävention
Das kolorektale Karzinom ist mit rund 73.000 Neuerkrankungen in Deutschland jährlich der häufigste gastrointestinale Tumor und gleichzeitig die Krebserkrankung, die in Europa und den USA die zweitmeisten Todesopfer fordert. Der Großteil der Fälle wird erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt, so dass eine Heilung oft nicht mehr möglich ist. Um die Prognose für diese Erkrankung zu verbessern, müsste das Karzinom in möglichst frühen Stadien, idealerweise noch in seiner Vorläuferform (Polypen), erkannt werden. So könnten die Patienten, bei denen der Krebs sich noch nicht ausgebreitet hat, geheilt werden. In diesem Stadium liegen die Heilungschancen bei über 90 Prozent. Durch die Entfernung von Polypen könnte zudem unter Umständen sogar der Ausbruch der Krankheit verhindert werden. Die Einführung der Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren als Screening-Verfahren im Jahr 2002 sollte die Früherkennung von Polypen und frühen Stadien des kolorektalen Karzinoms deutlich verbessern. Da sich jedoch derzeit jährlich nur 2,8 Prozent der zur Teilnahme Berechtigten dieser Untersuchung unterziehen, bezogen auf zehn Jahre sind dies 28 Prozent, blieb der Erfolg bislang begrenzt. Ein blutbasierter Test, der Adenome und frühe Stadien des kolorektalen Karzinoms nachweist, würde die Akzeptanz der Darmkrebsvorsorge in der Bevölkerung deutlich verbessern. Die endoskopische Untersuchung mit der Möglichkeit, gleichzeitig bestehende Polypen zu entfernen, könnte dann insbesondere positiv getesteten Personen empfohlen werden.
Charakteristische Merkmale für die Entstehung eines Tumors sind vererbbare Änderungen der Genregulation und der Genexpression - so genannte epigenetische Veränderungen. Da diese Veränderungen sehr früh bei der Entstehung des kolorektalen Karzinoms auftreten, eignen sie sich sehr gut als mögliche diagnostische Marker. Auf der Basis eines solchen epigenetischen Markers - des DNA-Methylierungs-Markers mSEPT9 - hat das Berliner Unternehmen Epigenomics bereits einen Bluttest entwickelt, der den Nachweis von kolorektalen Karzinomen der Stadien I-IV erlaubt. Ziel des aktuellen Forschungsvorhabens ist es, die Eignung des mSEPT9-Tests für die blutbasierte Früherkennung von Polypen zu untersuchen und ihn gegebenenfalls für einen noch breiter angelegten Einsatz, beispielsweise durch Kombination des mSEPT9-Markers mit einem weiteren oder mehreren zusätzlichen Markern, zu optimieren.
Während die Firma Epigenomics auf der Basis ihrer langjährigen Arbeiten den Marker mSEPT9 und eine Reihe weiterer potentieller Marker zur Verfügung stellen kann, organisiert die KVB das entsprechende gastroenterologische Netzwerk, um der Studie den Zugang zu einem Patientenkollektiv zu ermöglichen. "Aufgrund der elektronischen Dokumentation aller Koloskopien in Bayern ist es ohne Weiteres möglich, das Ergebnis der Blutuntersuchung mit dem Diagnoseergebnis bei der Koloskopie abzugleichen. Die entsprechenden logistischen Abläufe in den Arztpraxen haben wir bereits in einer Vorstudie getestet, an der drei Münchener Arztpraxen teilnahmen", sagt Dr. Axel Munte, Vorstandsvorsitzender der KVB. Um weitere Studienteilnehmer zu gewinnen, werde die KVB in den nächsten Wochen aktiv auf weitere gastroenterologische Arztpraxen im Großraum München zugehen.
Professor Matthias Ebert aus der 2. Medizinischen Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München ist der klinische und akademische Partner in diesem Konsortium. Als Leiter der klinischen Studien wird er einerseits die Gewinnung der Proben im Netzwerk koordinieren und andererseits als Leiter des molekularen Labors am Klinikum rechts der Isar die von der Firma Epigenomics entwickelten Marker in einer Reihe von Trainings- und Teststudien verblindet analysieren.
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