Nano-Tomographie: Forscher blickt in das "Innenleben" von Materialien
Die Nano-Tomographie funktioniert ähnlich wie die Computer-Tomographie in der medizinischen Untersuchung: Im Unterschied dazu wird der Körper aber nicht scheibchenweise durchleuchtet, sondern durch einen sehr präzisen Ionenstrahl systematisch in Nano-Scheibchen zerlegt. Die dabei erfassten Bildserien werden anschließend im Computer wieder zum exakten räumlichen Abbild zusammengefügt. Durch die extrem hohe Auflösung der Nano-Tomographie und der unterschiedlichen Kontrastverfahren können die Materialforscher damit nicht nur chemisch analysieren, welche Atome enthalten sind, sondern sie können auch veranschaulichen, welche Gitterstruktur die Kristalle des Materials haben und welche Nanostrukturen daraus geformt wurden.
Bisher wussten die Entwickler bei vielen Materialien oft nicht genau, welche Substanz eine gewünschte Eigenschaft ausgelöst hat. Beispiel Motorenbau: In hochwertigen Autos werden heute Motorblöcke aus Aluminium eingebaut, um die Fahrzeuge leichter zu machen. Aluminium ist jedoch ein sehr weiches Material, das erst durch die Zugabe von Silizium fester wird. Das sonst für Mikrochips oder Solarzellen verwendete Silizium breitet sich im Aluminium in Form eines extrem feinen "Silizium-Dickichtes" aus. Ob dieses feinmaschige Netzwerk gleichmäßig wird und damit auch das Aluminium eine gleichförmige Struktur erhält, hängt von ganz wenigen Atomen eines weiteren Stoffes ab. Welche Rolle dieser Zusatzstoff genau spielt, haben jetzt Professor Frank Mücklich und sein Team entschlüsselt. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Verbund der deutschen Leichtmetall-Gießereien (VDG), zu dem auch die saarländische Firma Nemak gehört, konnten sie anhand der Nano-Tomographie erstmals darstellen, wie sich das Silizium ausbreitet. Mit Hilfe einer speziellen Sonde entdeckten sie dann einzelne Strontium-Atome: "Allein die Zugabe von einigen Millionstel Anteilen Strontium verändert das dreidimensionale Siliziumnetzwerk völlig und macht am Ende den Motorblock wesentlich fester", erläutert der Saarbrücker Materialforscher.
Auf diese feinen Strukturen kommt es beispielsweise auch in der Elektroindustrie an. In einem Forschungsprojekt mit Bosch, Siemens und der deutschen Edelmetallindustrie untersucht Professor Mücklich, wie stark elektrische Schaltungen darunter leiden, dass bei jedem Ein- und Ausschalten ein kleiner Funke fast unsichtbar überspringt. Der Wissenschaftler konnte mit seinem Team zeigen, wie diese Entladung in Nanodimensionen das Innenleben des so genannten "Kontaktwerkstoffs" verändert und die Lebensdauer des Bauelementes beendet. Mit diesen Erkenntnissen sollen nun neue Materialien entwickelt werden, denen die extreme Hitze des Funkens von bis zu 6.000 Grad Celsius nichts ausmacht.
"Mit robusteren Materialien wird man die Haltbarkeit von elektrischen Schaltungen erhöhen können und möglicherweise mit weniger kostbaren Edelmetallen auskommen als heute, wo noch Silber oder Platin eingesetzt werden", erläutert Frank Mücklich das Forschungsziel. Zukunftsweisend könnten hierbei vielleicht auch die so genannten "Carbon Nano Tubes" sein, an denen wegen ihrer extremen Eigenschaften weltweit intensiv geforscht wird. Dabei sind Kohlenstoffatome in einem "Nanoschlauch" aneinander gehängt. Dieser Schlauch leitet Strom und Wärme extrem gut. Wenn die theoretischen Erkenntnisse den Praxistext bestehen, könnte man eine völlig neue Generation von Kontaktwerkstoffen entwickeln.
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