Eltern von Tutanchamun identifiziert: DNA-Analysen geben Aufschluss über die Familie der weltberühmten Mumie

19.02.2010 - Ägypten

Seit fast einem Jahrhundert fasziniert er Fachwelt und Geschichtsbegeisterte. Seit sein Grab 1922 nahezu unberührt gefunden wurde, ist Tutanchamun der berühmteste Pharao der ägyptischen Antike. Unklar war bislang jedoch, woher der bereits mit 19 Jahren verstorbene junge König abstammte. Wer waren seine Eltern? Diese Frage, an der die Ägyptologie lange Zeit scheiterte, beantwortet nun ein Forscherteam aus Deutschland, Südtirol und Ägypten.

In einem speziell eingerichteten DNA-Labor in Kairo haben die Forscher unter der wissenschaftlichen Leitung von Albert Zink, Anthropologe an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) und Carsten Pusch, Humangenetiker an der Eberhard Karls Universität Tübingen, zwei Jahre lang mit modernsten Methoden und Techniken genetische Untersuchungen an 16 Mumien durchgeführt. Nun sind sie fündig geworden: Vater von Tutanchamun ist der berühmte Pharao Echnaton, das Grab seines mumifizierten Körpers wird im Tal der Könige mit der Nummer KV (King Valley) 55 geführt. Mutter ist die so genannte "Younger Lady", die Mumie aus Grab KV35, die zusammen mit einer weiteren - älteren - weiblichen Mumie gefunden wurde. Ob es sich bei der "Younger Lady" um die berühmte Nofretete handelt, analysieren die Mumienforscher derzeit noch.

Ermöglicht wurden den Forschern diese einzigartigen Erkenntnisse durch ein von Discovery Channel finanziertes Pionier-Projekt unter der Leitung von Zahi Hawass, Direktor des "Supreme Council of Antiquities" in Kairo. Erstmalig konnten ausgedehnte genetische, forensische und radiologische Untersuchungen an Tutanchamun und 15 weiteren Mumien des Neuen Reichs durchgeführt werden. "Wir haben hier eine vollkommen neue Dimension der molekularen und medizinischen Ägyptologie beschritten", erklärt Albert Zink, der an der Europäischen Akademie Bozen das weltweit erste Institut für Mumienforschung leitet.

Im September 2007 hatte das zehnköpfige Forscherteam begonnen, von elf Mumien aus der Verwandtschaft Tutanchamuns und von fünf weiteren Mumien Gewebeproben aus dem Knocheninnern zu entnehmen. In zweijähriger Arbeit haben die Mumienforscher die DNA extrahiert und genetische Fingerabdrücke für alle 16 Mumien erstellt. "Wir haben unsere Analysen mehrfach wiederholt und in einem zweiten Labor unabhängig repliziert", erklärt Humangenetiker Carsten Pusch, der am Institut für Anthropologie und Humangenetik der Universität Tübingen lehrt. Dies, um mögliche Kontaminationen, Vermischungen mit moderner DNA, auszuschließen. So haben die Wissenschaftler auch die DNA-Profile aller an den Untersuchungen beteiligten Mitarbeiter erhoben und regelmäßig mit den Pharaonen-Daten verglichen. Überrascht waren die Forscher von dem vergleichsweise guten Erhalt der alten DNA, der offensichtlich durch die speziellen Einbalsamierungstechniken für die Königsmumien gefördert wurde.

Ihre Ergebnisse sind wegweisend. Durch die genetischen Fingerabdrücke konnte ein Fünf-Generationen-Stammbaum der Familie Tutanchamuns erstellt werden. Zudem ist man der Todesursache des berühmten Pharaos ein Stück weit näher gekommen: In Tutanchamun konnten unter Mithilfe des Bozner Radiologen Paul Gostner mehrere Erkrankungen diagnostiziert werden. Darunter eine Knochennekrose am linken Fuß, die zur mangelnden Blutversorgung des Knochens und zum Knochenabbau führte. "Diese Erkrankung allein hat mit Sicherheit nicht zum Tod geführt, aber sie hat ihn in seiner Mobilität stark eingeschränkt", erklärt Albert Zink. "Es erklärt wohl auch, warum man in seinem Grab zahlreiche Gehstöcke gefunden hat."

Lebensbedrohlicher war die zweite Erkrankung, die die Wissenschaftler feststellen konnten: "Tutanchamun hat an der schwersten Form von Malaria, der Malaria tropica, gelitten", erklärt Carsten Pusch. "Dies könnte zusammen mit der Knochennekrose zum Tod geführt haben." Verschiedene Pflanzenreste, die in seinem Grab gefunden wurden, unterstützen die Malaria-Diagnose. Sie sind teilweise noch heute für ihre fiebersenkende und schmerzlindernde Wirkung bekannt.

"Wir hatten das Glück, diese einzigartige Studie durchführen zu können, die ein jahrhundertealtes Rätsel über die Familienverhältnisse des weltberühmten Pharaos Tutanchamun gelöst hat", erklären die beiden Mumienforscher Albert Zink und Carsten Pusch abschließend. "Und wir forschen weiter. Nofretete steht noch aus...Wir haben gerade erst ein neues Universum betreten!"

Originalveröffentlichung: Journal of the American Medical Association (JAMA), 17. Februar 2010

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