Junges Gründungsteam entwickelt neue Referenzmaterialien für die Feststoffanalytik

Auf die Feinheit kommt es an

14.03.2018 - Deutschland

Wie stark Pflanzen durch kontaminierte Böden belastet werden, was der Meeresgrund über vergangene Klimaperioden verrät oder wieviel Ertrag eine Erzmine in Zukunft liefern könnte – oft kann eine Analyse der chemischen Zusammensetzung von Mineralen und Gesteinen wichtige Informationen liefern. Für genaue Ergebnisse braucht es nicht nur hochwertige Messgeräte, sondern auch erstklassige Referenzmaterialien, um die Instrumente exakt einstellen zu können. Ein junges Team aus den Geo- und Materialwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat ein Verfahren für besonders homogene und reine Referenzmaterialien zur chemischen Analyse von Feststoffen entwickelt. Mithilfe eines EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Höhe von 120.000 Euro wollen die Studierenden und Alumni ihre Idee jetzt in einer eigenen Firma umsetzen.

Simon Nordstad / CAU

Gesteins- und Materialproben wie hier Eisenerz mahlt das Team der Universität Kiel ultrafein. Zu Pellets gepresst können sie als Referenzmaterialien genutzt werden, um Messgeräte genau einzustellen.

Julia Siekmann / CAU

Geowissenschaftler Simon Nordstad (links), Marketingbetriebswirtin Christina Wittke und Materialwissenschaftler Leewe Schönberg wollen mit ihrem Herstellungsverfahren für Referenzmaterialien eine eigene Firma gründen.

Simon Nordstad / CAU
Julia Siekmann / CAU

„Mit Analysegeräten ist es ähnlich wie mit Waagen im Supermarkt: Damit sie genau 100 Gramm anzeigen, müssen sie mit einem festgelegten Referenzgewicht geeicht werden“, sagt Simon Nordstad, der im vergangenen Jahr sein Masterstudium der Geowissenschaften an der CAU abgeschlossen hat. „Die Geräte werden technisch zwar immer besser, aber die Entwicklung der Referenzmaterialien kommt nicht hinterher“, so der 28-Jährige. Hier setzt die Idee des Gründungsteams an: Mit einer neuen Methode wollen sie bessere Referenzmaterialien für Industrie und Wissenschaften herstellen, damit die Analyse von Bestandteilen fester Stoffe noch genauer wird. Interessant ist das zum Beispiel für Bereiche wie Bergbau, Klimaforschung, Archäologie oder Medizin.

Gründungsteam will neue Standards in der Feststoffanalytik setzen

Um die Zusammensetzung von Stoffen wie zum Beispiel Mineralen oder Gesteinen zu bestimmen, werden Proben davon mit dem sehr feinen Strahl eines Lasers analysiert. Zur Einstellung dieser Analysegeräte dienen Referenzmaterialien, die aus dem Ausgangsstoff selbst fein gemahlen und in Tablettenform gepresst werden. Bislang waren diese sogenannten Pellets jedoch zu grobkörnig, um exakte Analyseergebnisse liefern zu können. „Die Partikel in herkömmlichen Pellets sind etwa 40 Mikrometer groß. Der Messstrahl selbst ist jedoch nur wenige Mikrometer breit, er kann also eigentlich nur ein einziges Körnchen erfassen“, erklärt Bachelorstudent Leewe Schönberg, der Materialwissenschaft an der CAU studiert. Für eine repräsentative Aussage muss jedoch die Zusammensetzung der ganzen Probe abgebildet werden.

Mit ihrem speziellen Mahlverfahren kann das Kieler Gründungsteam aus allen Ausgangsstoffen winzige Körner auf Nanoebene herstellen. Ganz ohne Bindemittel – also besonders rein – lassen sie sich zu ultrahomogenen Tabletten pressen. „Eine vergleichbare Homogenität und Reinheit konnte bisher in Pellets nicht erreicht werden. Dank dieser Qualität lassen sie sich als individuelle Referenzmaterialien herstellen, um Messgeräte wie zum Beispiel Massenspektrometer zu kalibrieren“, erklärt Dr. Dieter Garbe-Schönberg vom Institut für Geowissenschaften, der das Projekt als Wissenschaftlicher Berater begleitet.

Nicht weniger als einen neuen Maßstab in der Feststoffanalytik will das junge Kieler Gründungsteam damit setzen. Passend dazu der Name ihres Projekts: „µ-Standards“, ausgeschrieben „my-standards“. Mit dem griechischen Buchstaben „µ“ – bei Größenangaben eine Abkürzung für „Mikro“ – wollen sie auf die feinkörnige und maßgeschneiderte Herstellung ihrer Pellets verweisen.

Bereits großes Interesse aus Wissenschaft und Industrie

Mit seiner Methode könnte das Team aufwendige und teure Analyseverfahren aus der Nasschemie ablösen. Denn diese arbeiten mit konzentrierten Säuren, erfordern also eine besonders vorsichtige Handhabung und entsprechend ausgestattete Arbeitsplätze. „Was den Umgang mit Gefahrstoffen angeht, sind unsere Pellets eine wesentlich sicherere Alternative“, sagt Doktorand Samuel Müller, der das Team ebenfalls wissenschaftlich berät.

Die Idee zu dem neuen Verfahren entstand, als das Säurelabor des Instituts wegen Renovierung für längere Zeit nicht genutzt werden konnte. Laborleiter Garbe-Schönberg suchte eine alternative, genaue Analysemethode, die ohne Nasschemie auskommt. Das Gründungsteam verbesserte sie über mehrere Semester, im vergangenen Jahr folgte die Anmeldung zum Patent. „In Wissenschaft und Industrie besteht bereits großes Interesse, vor allem international. Das hat uns dazu ermuntert, unsere Pellets für den Verkauf herzustellen“, sagt die 28-jährige Christina Wittke, die das Team als Marketingbetriebswirtin vervollständigt.

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