Gezielte RNA-Editierung als neue Alternative zur Genschere
Präzise Methode zur umkehrbaren Veränderung genetischer Informationen entwickelt
Paul Vogel
Zellen kopieren die Erbinformation ihrer DNA, die in der Reihenfolge von vier verschiedenen Basen kodiert ist, in RNA-Moleküle um. Nach deren Bauanleitung werden unzählige Proteine in unterschiedlicher Zusammensetzung hergestellt. Diese wiederum dienen als Baustoffe in der Zelle und steuern den Stoffwechsel. „Unsere Methode der RNA-Editierung beruht auf einem Proteinkonstrukt, das mit Hilfe einer kleinen Führungs-RNA zum RNA-Zielmolekül gelangt und dort einzelne Basen umwandelt. So wird die Bauanleitung des kodierten Proteins umgeschrieben“, erklärt Thorsten Stafforst. Die Manipulation der RNA lasse sich fein regulieren und sei grundsätzlich reversibel – was die Methode vor allem auch für medizinische Therapien interessant mache.
Zeitlich begrenzte Manipulationen
„Mit dem neuen Werkzeug lässt sich potenziell eine Vielzahl an krankheitsverursachenden Mutationen rückgängig machen“, sagt der Wissenschaftler. Die zeitlich begrenzte Veränderung in der RNA erlaube es auch, in Signalwege zum Beispiel von Entzündungsprozessen einzugreifen, deren dauerhafte Manipulation schwerwiegende Folgen hätte. „Uns ist es bereits gelungen, gleichzeitig mehrere RNAs zu editieren, die Signalproteine kodieren“, erklärt Stafforst. Die Arbeitsgruppe zeigte, dass die Methode doppelt so effizient ist wie eine zuvor veröffentlichte Methode zur RNA-Editierung, die auf einer Variante der CRISPR/Cas-Methode beruht.
Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Professor Jin Billy Li an der Stanford University belegten die Tübinger Forscher, dass bei ihrer neuen Methode nur wenige Fehler passieren, die in der Studie weiter minimiert werden konnten. Im Ergebnis sei die Methode hoch effizient bei der Editierung und dennoch vielfach spezifischer als konkurrierende Methoden, sagt Stafforst. Die erzielten Fortschritte stellten allerdings erst den Anfang dar, um die Methode für Grundlagenforschung und Medizin nutzbar zu machen. „In Zukunft möchten wir auf die Proteinkonstrukte völlig verzichten und stattdessen auf die natürlich vorkommenden Enzyme zurückgreifen, um diese für die gerichtete RNA-Editierung einzuspannen“, gibt Stafforst Einblick in das weitere Vorgehen. Auf die neue Methode hat das Forscherteam ein Patent angemeldet.
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Analytik- und Labortechnik-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Analytik und Labortechnik bringt Sie jeden Dienstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.