Forscher prognostizieren Faktoren zur Zellumwandlung
Potential für regenerative Medizin
Universität Luxemburg
„Das Verfahren hat großes Potenzial in der regenerativen Medizin, wenn es etwa darum geht, Subzellpopulation zu ersetzen, die im Krankheitsverlauf verlorengegangen sind“, erläutert Prof. Dr. Antonio del Sol, Leiter der Computational Biology Gruppe am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxembourg. In einer Kooperation mit Parkinson-Forschern vom schwedischen Karolinka Institute testeten die Wissenschaftler die Praxistauglichkeit ihrer Methode: Sie zeigten, dass sich basierend auf den rechnergestützten Prognosen Hirnstammzellen umprogrammieren und letztlich in den gewünschten Subtyp von Nervenzellen verwandeln lassen.
Dass sich eine Hautzelle von einer Nervenzelle unterscheidet, leuchtet ohne weiteres ein. Aber auch innerhalb von definierten Zelltypen gibt es feine Unterschiede in der genetischen Aktivität, die teils erheblichen Einfluss auf die Funktion der Zellen haben. Dadurch entstehen Subtypen von Zellen. Ein Beispiel: Dopaminerge Neuronen sind Nervenzellen im Gehirn, die den Neurotransmitter Dopamin herstellen. Im Verlauf der Parkinson Erkrankung gehen diese Zellen in der Substantia nigra des Mittelhirns zugrunde – allerdings längst nicht alle, sondern nur ein bestimmter Subtyp dieser Zellen. „Die Identität eines jeweiligen Zellsubtyps wird durch einige wenige, zusammen wirkende regulatorische Gene charakterisiert und aufrechterhalten“, erläutert del Sol. „Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Subtypen subtil und mit bisherigen Datenanalysemethoden schwer zu entdecken.“
Um das zu ändern, entwickelte das Team um del Sol die Analyse-Plattform „TransSyn“. Grundlage für die Berechnungen sind Daten zum Genexpressionsprogramm einzelner Zellen innerhalb von Population. In einem mehrstufigen Prozess sucht TransSyn nach feinen Unterschieden zwischen den Zellsubtypen. Die Forscher wissen, dass stets mehrere regulatorische Gene synergistisch zusammenwirken und gemeinsam einen Subtyp charakterisieren. Sind diese „Knotenpunkte“ der einzelnen Subtypen identifiziert, liegt die Grundlage für Anwendungen im Labor vor: die Umwandlung von einem Zell-Subtyp in einen anderen. Um ein Zellprofil in ein anderes zu überführen, geben die Wissenschaftler Botenstoffe zu den Zellkulturen. Diese aktivieren bestimmte Gene und deaktivieren andere.
Am schwedischen Karolinska Institut wandelten die Forscher auf den Luxemburger Prognosen bestimmte neuroepitheliale Stammzellen des Hinterhirns (human neuroepithelial stem cells, hNESs) in Vorläuferzellen von dopaminergen Neuronen des Mittelhirns um. Diese besaßen die Fähigkeit, sich anschließend zu dopaminergen Neuronen weiterzuentwickeln. „Das könnte sich als Strategie für eine Zelltherapie bei Parkinson erweisen“, sagt del Sol.
Derzeit prüfen die Luxemburger Forscher die Anwendbarkeit ihrer Plattform weiter, etwa in einer Zusammenarbeit mit dem Gladstone Institute in den USA. Die dortigen Wissenschaftler um Deepak Srivastava suchen nach einer Möglichkeit, um effizient Herzzellen der rechten Herzkammer in die der linken umzuwandeln und umgekehrt – denn auch diese beiden Subtypen weisen feine Unterschiede in ihrem Genexpressionsprofil und damit in ihrer funktionalen Aktivität auf. „Unsere Prognosen liegen bereits vor. Die US-Kollegen werden in den nächsten Wochen mit ihren Experimenten beginnen“, so del Sol.
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