Prostatakrebs: Neues Computermodell erlaubt Prognose des Krankheitsverlaufs

18.12.2018 - Deutschland

Wie wird eine gesunde Zelle zu einem Tumor? Um diese Frage zu beantworten, hat ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen mit internationalen Arbeitsgruppen fast 300 Prostatatumoren untersucht. Die Ergebnisse beschreiben, wie sich die Erbinformation einer Prostatazelle auf dem Weg zur Entartung verändert. Mithilfe eines neu entwickelten Computermodells lässt sich nun berechnen, wie die Krankheit voraussichtlich verlaufen wird. Das soll maßgeschneiderte Therapien ermöglichen.

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Schnitt durch das Gewebe einer Prostatabiopsie. Prostatazellen sind grün gefärbt, rote und weiße Bereiche stellen tumorrelevante Veränderungen in Prostatakrebszellen dar.

Prostatakrebs ist in Deutschland mit knapp 60.000 neu diagnostizierten Fällen pro Jahr die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Der Tumor entwickelt sich in der Regel sehr langsam, nicht bei allen Patienten ist daher eine sofortige Therapie notwendig. Bisher war es jedoch nicht möglich, zwischen gutartigen und aggressiven Typen der Erkrankung zu unterscheiden – insbesondere, wenn der Tumor in einem frühen Stadium entdeckt wurde.

Um Kriterien für diese Unterscheidung zu erarbeiten, haben Forschende der Charité zusammen mit einer Reihe von deutschen und internationalen Arbeitsgruppen das gesamte molekulare Profil von fast 300 Prostatatumoren untersucht. Dazu entschlüsselten sie die Sequenz und die chemischen Veränderungen der Erbinformation und maßen die Genaktivität im Krebsgewebe. Die Analyse der Daten gab Hinweise auf die zeitliche Abfolge von Mutationsereignissen, durch die Prostatakrebs entsteht. „Wir konnten Tumor-Subtypen identifizieren, die verschieden schnell fortschreiten und deshalb unterschiedlich therapiert werden müssen“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schlomm, Direktor der Klinik für Urologie an der Charité und einer der leitenden Studienautoren.

Er fügt hinzu: „Wir wissen jetzt, welche die frühesten Mutationen sind, die eine Entartung von Prostatazellen einleiten, und welche Mutationen häufig folgen.“ Auf Basis dieser Ergebnisse entwickelten die Wissenschaftler ein Computermodell, das den Krankheitsverlauf eines einzelnen Patienten prognostizieren kann. „Wenn der Tumor eines Patienten eine bestimmte Mutation aufweist, können wir nun vorhersagen, welche Mutation voraussichtlich als nächstes auftreten wird – und wie gut die Prognose des Patienten ist“, erklärt Prof. Schlomm. „Unser Team arbeitet derzeit daran, das Computermodell an der Charité in die Behandlungsstrategie einzubinden, um vor einer Therapie deren Erfolg zu simulieren. Wir rechnen mit einem Zeithorizont von zwei bis drei Jahren, bis das algorithmenbasierte Vorgehen vollständig etabliert ist.“

Um die Verlässlichkeit der Vorhersage zu verbessern, plant das Forschungskonsortium, in den nächsten Jahren zusammen mit dem neu gegründeten Haupstadt-Urologie-Netzwerk – einem  Zusammenschluss der Charité mit niedergelassenen Urologen in Berlin und Brandenburg – zusätzliche Daten von einigen tausend Patienten zu sammeln und in das Computermodell einfließen zu lassen. In Zukunft soll das Programm Ärzten die Entscheidung erleichtern, welche individuelle Therapie bei welchem Patienten angeraten ist.

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