Proteingehalt als Marker für Therapieansprechen von Hirntumoren

Blick in die Zukunft scheint tatsächlich möglich

06.03.2019 - Deutschland

Hirntumoren sprechen sehr unterschiedlich auf die Behandlung an. Das Therapieansprechen möglichst früh einschätzen zu können, ist jedoch essentiell, um für den Patienten die bestmögliche Behandlungsform zu wählen. Wissenschaftler am Deutschen Krebsforschungszentrum konnten nun mit einer nicht-invasiven hochauflösenden 7-Tesla-MRT-Untersuchung zeigen, dass der Proteingehalt der Tumoren mit dem Therapieansprechen und dem Überleben korreliert.

D. Paech/DKFZ

Links die konventionelle morphologische kontrastmittelverstärkte Darstellung eines Hirntumors mit einem klinischen 3-Tesla MRT, rechts die kontrastmittelfreie Protein-Messung mit dem 7-Tesla MRT.

Gliome sind die häufigsten Hirntumoren bei Erwachsenen. Sie entstehen nicht aus den Nervenzellen, sondern aus Gliazellen – den Zellen, die das Stütz- und Nährgewebe des Gehirns bilden. Unter dem Begriff Gliom wird eine ganze Reihe verschiedener Hirntumoren zusammengefasst, die sich vom Schweregrad her stark unterscheiden. Einige sind gutartig und können durch eine Operation vollständig entfernt werden. Bei anderen ist zusätzlich zur operativen Entfernung eine Chemotherapie und/oder eine Strahlentherapie notwendig.

Bei etwa der Hälfte der Gliom-Patienten wird eine extrem bösartige Form des Tumors diagnostiziert. „Bösartige Gliome sprechen sehr unterschiedlich auf die Behandlung an“, erklärt Daniel Paech vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Bei einigen wirkt die postoperative Strahlen- und Chemotherapie besser, bei anderen schlechter. Und ob der Tumor tatsächlich auf die Behandlung angesprochen hat, zeigt sich frühestens bei der ersten Nachsorgeuntersuchung sechs Wochen nach Ende der Therapie.“

Um von Anfang an die beste Therapiestrategie für den Patienten auszuwählen, wäre es von Vorteil, bereits bei der Diagnosestellung des Hirntumors einschätzen zu können, wie aggressiv er ist und wie er auf die Therapie ansprechen wird.

Paech und seine Kollegen vom Universitätsklinikum Heidelberg zeigten nun in einer Studie, dass dieser für die individuelle Therapieplanung von Gliompatienten so wichtige Blick in die Zukunft tatsächlich möglich scheint. Mit einem extrem leistungsstarken 7 Tesla-MRT-Gerät machen sie Proteine im Gehirn der Patienten sichtbar. Genutzt wird dabei ein chemischer Austauscheffekt zwischen den Proteinen und dem freien Wasser im Gewebe, der CEST-Effekt. Kontrastmittel sind für diese Untersuchung nicht notwendig.

Paech erklärt: „Krebszellen vermehren sich unkontrolliert und produzieren dabei ebenso unkontrolliert Proteine. Unsere Studie zeigt, dass das im MRT-Bild gemessene Proteinsignal einen Biomarker darstellt, der sowohl mit dem Überleben als auch dem Therapieansprechen der Patienten korreliert: je stärker das Proteinsignal, desto schlechter die Prognose.“

Zeigt das MRT-Bild bei der Diagnose einen tendenziell schnell wachsenden Tumor, könnte – abhängig von anderen Faktoren wie etwa dem Alter des Patienten – von Beginn an eine intensivere Therapie gewählt werden, um die Chancen des Patienten zu verbessern.

Das für die aktuelle Untersuchung verwendete 7-Tesla-MRT-Gerät ist bislang nur an wenigen Forschungsstandorten verfügbar. Weltweit sind weniger als 100 der 25 Tonnen schweren und mehr als 10 Millionen Euro teuren Geräte in Betrieb. Sie erzeugen ein Magnetfeld mit der Stärke 7 Tesla. Herkömmliche MRT-Geräte in Krankenhäusern haben eine Stärke von 1,5 oder 3 Tesla.

Paech und seine DKFZ-Kollegen aus den Arbeitsgruppen von Heinz-Peter Schlemmer, Mark Ladd und Peter Bachert planen deshalb bereits eine Folgeuntersuchung: In einer prospektiven Studie wollen sie an einer größeren Patientengruppe prüfen, ob die Proteinmessung auch mit einem weniger leistungsstarken MRT-Gerät möglich ist. „Wenn sich die erhöhte Proteinexpression im Tumor gleichermaßen mit einem 3-Tesla-MRT-Gerät messen lässt, könnten unsere Ergebnisse breit genutzt werden, um die Diagnostik von Gliompatienten zu verbessern, denn 3-Tesla-Geräte sind an vielen größeren Krankenhäusern verfügbar“, so Paech.

Originalveröffentlichung

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