Für das Labor auf dem Chip: Neues Thermofluidik-Verfahren entwickelt

Dies schafft bahnbrechende Lösungen für die Nanotechnologie, die Manipulation von Flüssigkeiten in Systemen auf kleinstem Raum oder in der Diagnostik

10.02.2022 - Deutschland

Forschern der Universität Leipzig ist es gelungen, winzige Flüssigkeitsmengen nach Belieben zu bewegen, indem sie Wasser über einem Metallfilm mit einem Laser ferngesteuert erhitzen. Die derart erzeugten Strömungen können genutzt werden, um winzige Objekte zu manipulieren und sogar einzufangen. Dies schafft neue, bahnbrechende Lösungen für die Nanotechnologie, die Manipulation von Flüssigkeiten in Systemen auf kleinstem Raum oder in der Diagnostik, indem es den Nachweis kleinster Stoffkonzentrationen mit neuartigen Sensorsystemen ermöglicht. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Martin Fränzl, Universität Leipzig

Illustration eines Goldnanopartikels, der durch hydrodynamische und van-der-Waals-Kräfte in der Nähe einer lokal erhitzten Goldoberfläche gefangen ist.

Die Erzeugung von Strömungen ist auf allen Größenskalen wichtig − für den Transport von Flüssigkeiten in Rohren, von Nährstoffen in Blutgefäßen oder von Chemikalien in mikrofluidischen Systemen für die chemische Verarbeitung und Analyse. In fast allen diesen Fällen ist die Strömung das Ergebnis einer Druckdifferenz, die die Flüssigkeit durch diese Kanäle treibt. Um Objekte in Lösung zu bewegen, etwa bei der Herstellung neuer Funktionsmaterialien, oder um kleinste Stoffmengen zu winzigen, hochempfindlichen Sensorelementen zu transportieren, sind diese ungesteuerten Strömungen nicht sehr nützlich. „Sie bewegen alle Objekte mit der gleichen Geschwindigkeit entlang der Gefäßwände, und deshalb ist es schwierig, Moleküle zu sensorischen Elementen in der Mikrofluidik zu bringen oder Objekte mit Hilfe dieser Strömungen zusammenzusetzen“, sagt Martin Fränzl, der als Doktorand an diesem Projekt gearbeitet hat.

Martin Fränzl und Prof. Dr. Frank Cichos haben nun herausgefunden, dass sie auch in kleinsten Kanälen sehr starke Flüssigkeitsströmungen erzeugen können, indem sie einen sehr dünnen Metallfilm auf einer Seite des Kanals mit einem fokussierten Laserstrahl erhitzen. Die Strömungen entstehen in einer ultradünnen Flüssigkeitsschicht nur wenige Nanometer über der Metalloberfläche und vermischen die Flüssigkeit im Kanal mit einem bestimmten Strömungsmuster. Fränzl hat dieses Strömungsmuster mit Nanopartikeln als Tracer ausgemessen. Den Wissenschaftlern ist es nicht nur gelungen, den Ursprung dieser Strömungen zu erforschen, sondern sie haben auch gezeigt, dass sie durch geschickte Kombination von Strömungen und die Kontrolle anderer Kräfte ferngesteuert durch einen Laser Nano-Objekte einfangen, separieren oder transportieren können.

„Das ist faszinierend“, sagt Fränzl, „denn so können wir kontrollieren, wie sich Objekte und Flüssigkeiten auf der Nanoskala bewegen, ohne die gesamte Flüssigkeit in den Kanälen zu bewegen.“ Ähnliche Ansätze werden bereits in einem Projekt des gemeinsamen Sonderforschungsbereichs Transregio 102 der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Leipzig genutzt, um die Bildung von Proteinaggregaten zu erforschen, die an der Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind.

Beide Forscher sind besonders daran interessiert, diese lasergesteuerte Thermofluidik mit Techniken des maschinellen Lernens zu kombinieren, um automatisierte intelligente Nanofabriken für die Fertigung im Nanomaßstab, programmierte Materialmanipulation und Sensorik zu schaffen, die sich auf der Grundlage der gesammelten Informationen optimieren und an neue Anforderungen anpassen.

„Wir glauben, dass die Thermofluidik uns helfen wird, neue Technologien und Lösungen zu entwickeln, die für neue Kooperationsprojekte wie die µChem-Initiative, die Physik, Chemie, Biochemie und Künstliche Intelligenz in Mikroumgebungen verbindet, sehr nützlich sein können.“, sagt Prof. Dr. Detlev Belder vom Institut für Analytische Chemie der Fakultät für Chemie und Mineralogie der Universität Leipzig. Das Labor auf dem Chip – oder Lab-on-a-Chip – ist damit möglich.

Die Methode wurde in Zusammenarbeit mit dem fakultätsübergreifenden Transferzentrum für Bioaktive Materie b-ACTmatter entwickelt, das im Rahmen des Bundesförderprogramms „Stärkung der Transformationsdynamik und des Ausstiegs im Revier und an Kohlekraftwerksstandorten − STARK“ gefördert wird. Ziel von b-ACTmatter ist es, neue Materialien und Technologien zu entwickeln, die zu einer innovativen, nachhaltigen und zirkulären Entwicklung der Wirtschaft beitragen.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen