Sparpotenzial bei Plastikfolien-Produktion

DESYs Freie-Elektronen-Laser FLASH zeigt chemische Änderungen der Oberflächen

24.08.2022 - Deutschland

Gewöhnliche Plastikverpackungen für Brot, Fruchtgummi oder andere Lebensmittel sind nicht so simpel wie sie erscheinen: Solche Folien werden in der Regel aus mehreren Schichten zusammengesetzt. Jede einzelne Schicht muss dazu chemisch behandelt werden, damit sie an der jeweils nächsten gut haftet. Mit DESYs Freie-Elektronen-Laser FLASH hat ein Forschungsteam nun die Oberflächen einzelner Schichten aus PET (Polyethylenterephthalat) im Detail untersucht. Mit dieser Untersuchung wurde die Anpassung einer etablierten Röntgentechnik an sogenannte Freie-Elektronen-Laser getestet, wie das Team von DESY und dem Greifswalder Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie im Fachblatt „Polymers“ berichtet.

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Folienverpackungen für Medikamente (Blister) sind häufig aus PET-Kunststoff.

PET ist ein sehr gängiges Material, das nicht nur in Lebensmittelverpackungen eingesetzt wird, sondern auch etwa für Medikamentenverpackungen, in Klebebändern, elektrischen Kondensatoren und vielen anderen Alltagsmaterialien. „Solche Gegenstände bestehen in der Regel aus komplexen Schichten verschiedener Folien und anderer Materialien“, erläutert DESY-Forscherin Elke Plönjes, Leiterin der Untersuchung. Die Hersteller behandeln dazu die einzelnen dünnen Kunststoffschichten mit elektrischen Plasmaentladungen, um die chemische Zusammensetzung der Kunststoffoberfläche so zu verändern, dass ein Verkleben oder Bedrucken möglich wird.

Das Team um Plönjes untersuchte die Oberflächen der Schichten an FLASH mit der sogenannten Röntgen-Ptychographie. Die Ptychographie ist ein abbildendes Röntgenverfahren, das ohne optische Linsen auskommt und eine sehr hohe räumliche Auflösung erreicht. Während die Ptychographie an Röntgenstrahlungsquellen wie DESYs Speicherring PETRA III ein etabliertes Verfahren ist, wird sie nun für Freie-Elektronen-Laser weiterentwickelt. Freie-Elektronen-Laser (FEL) erzeugen Röntgenblitze, indem sie hochbeschleunigte Elektronenpakete durch einen magnetischen Slalomkurs schicken. In jeder Kurve senden die schnellen Elektronen Röntgenlicht aus, dass sich zu einem laserartigen Blitz addiert. DESYs Freie-Elektronen-Laser FLASH erzeugt auf diese Weise sogenannte weiche Röntgenstrahlung mit höherer Energie als ultraviolettes (UV) Licht.

Die Forscherinnen und Forscher verglichen die Oberflächenstrukturen von Folien, die mit zwei unterschiedlichen sogenannten Plasmaverfahren behandelt worden waren. Eine Probe hatte das in der Industrie am weitesten verbreiteten Verfahren durchlaufen, die sogenannte Corona-Behandlung. Die andere ein neu entwickeltes Verfahren, das die Folien mit fast hundertmal intensiverem Plasma behandelt, aber dafür kürzer. Als Referenz untersuchte das Team auch unbehandelte Folien. Ziel war es, herauszufinden, ob es Mikrometer-feine Unterschiede zwischen den beiden Techniken und der unbehandelten Probe gibt.

Die Analyse zeigt in Kombination mit weiteren Labortests in Greifswald, dass eine Anpassung des  Behandlungsverfahren bei gleichem Energieaufwand sogar zu mehr der erwünschten Oberflächenveränderungen führt, was die Klebeeigenschaften der Folienschicht verbessern kann. Das eröffnet wiederum das Potential, heute oft noch nötige chemische Zusatzbehandlungen der Folienoberfläche einzusparen. „Zusammengenommen ergibt sich die Chance, bessere Folien mit weniger Aufwand herzustellen“, erläutert Plönjes. „Das kann für die Industrie von großem Interesse sein.“

Mit der Untersuchung haben die Forscherinnen und Forscher die Technik der Röntgenptychographie erstmals am Freie-Elektronen-Laser FLASH eingesetzt. „Traditionell wird die Ptychographie vor allem an Synchrotronen wie PETRA III eingesetzt, wo der Röntgenstrahl im Vergleich zu Freie-Elektronen-Lasern sehr stabil ist. Wir haben untersucht, wie man die Methode an Freie-Elektronen-Laser anpassen kann“, sagt Plönjes. „Freie-Elektronen-Laser haben extrem intensive und sehr kurze Pulse, die es uns ermöglichen, dynamische Prozesse zu untersuchen.“ Gleichzeitig zeigen die Lichtpulse der Freie-Elektronen-Laser aber stärkere Fluktuationen, so dass die FLASH-Gruppe spezielle Algorithmen entwickeln musste, um das Oberflächenbild aus den Messdaten zu extrahieren.

Diese ersten Ptychographie-Experimente an FLASH zeigen das Potenzial dieser Technik an Freie-Elektronen-Lasern, auch für die Untersuchung anderer Materialien. „Mit der Röntgenptychographie konnten wir die dreidimensionale Struktur der PET-Oberfläche in einem größeren Bereich mit einer ähnlichen Auflösung wie bei der Elektronenmikroskopie abbilden“, sagt Plönjes. „Selbst bei diesen sehr glatten Proben mit nur geringen Veränderungen auf der Oberfläche konnten wir diese sichtbar machen und die Oberflächenqualität im Detail untersuchen.“

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