As time goes by: Wenn Fledertiere altern, verändern sich ihre Immunzellen
Studie enthüllt die Komplexität der Leukozyten in ägyptischen Flughunden und ihre Prägung durch das Alter
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Die Immunologie von Fledertieren gibt Rätsel auf. Viele Erreger von Infektionskrankheiten des Menschen stammen aus Wildtieren, und mehrere neu auftretende, bedeutende Viren werden von Flughunden übertragen. Obwohl sie hochinfektiöse Viren verbreiten können, werden sie selbst kaum krank, und es ist nur wenig über das Immunsystem dieser nachtaktiven Lebewesen bekannt. Die Forschungsgruppe von Anca Dorhoi am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald hat nun mit FLI-Kolleg:innen sowie gemeinsam mit der Forschungsgruppe von Emmanuel Saliba am Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg – einem Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg – die Komplexität der zirkulierenden Leukozyten bei diesen Fledertieren kartiert. Im Ergebnis berichten sie, dass das Alter des Tieres die Häufigkeit und den Phänotyp von Immunzellen prägt.
Flughund-Blutkörperchen einzeln entschlüsselt
Die Teams konzentrierten sich auf den Flughund Rousettus aegyptiacus, der in Afrika weit verbreitet ist. Er gilt als Reservoir für zoonotische – also zwischen Mensch und Tier wechselseitig übertragbare – Viren und wird daher auch als Versuchsmodell genutzt. Das FLI ist eine der wenigen Forschungseinrichtungen weltweit, die eine eigene Zuchtkolonie dieser Tiere halten. Dies bietet einzigartige Möglichkeiten, die Immunbiologie der Fledertiere zu studieren. Dazu wurde den Tieren eine kleine Menge Blut aus der Flughautvene entnommen.
Das FLI arbeitete zusammen mit HIRI-Kolleg:innen in Würzburg, die auf die Analyse zellulärer Ribonukleinsäuremoleküle (RNA-Moleküle) spezialisiert sind. Mithilfe der Einzelzellsequenzierung haben die Würzburger Expert:innen jedes Blutkörperchen einzeln entschlüsselt. HIRI-Forscher Emmanuel Saliba sagt: „Wir haben jede Zelle durchleuchtet und einen Fingerabdruck der darin befindlichen RNA-Moleküle erstellt. So konnten wir die zelluläre Identität des Blutes nachzeichnen und den bislang größten Atlas von Flughundzellen schaffen.“
Diese Vorgehensweise ermöglichte es, auch schwer greifbare Leukozyten zu identifizieren, zum Beispiel Untergruppen von natürlichen Killerzellen (NKT)-ähnlichen Zellen und B-Zellen, die sich nicht mit bekannten Immunzell-Untergruppen aus klassischen experimentellen Tiermodellen überschneiden. Ohne hochauflösende Methoden und ohne experimentelle immunologische Instrumente wäre die Identifizierung der Flughund-Immunzellen nicht möglich gewesen.
Dynamische altersbedingte Veränderung der Immunzellen
Die Forscher:innen setzten unter anderem die Durchflusszytometrie ein und stellten fest, dass T-Lymphozyten und Fresszellen wie Neutrophile und Populationen von mononukleären Zellen myeloischen Ursprungs bei erwachsenen Flughunden angereichert waren, während B-Zellen bei Jungtieren häufiger vorkamen. Anca Dorhoi folgert: „Bei Rousettus aegyptiacus erlangen Immunzellen mit dem Erreichen des Erwachsenenalters mutmaßlich regulatorische Eigenschaften und verändern ihre Häufigkeit im Blut dramatisch.“ Die altersabhängigen Beobachtungen deuten darauf hin, dass das Immunsystem die Funktion des Virus-Reservoirs beeinflussen kann – das unterstützt epidemiologische Studien mit dem Ziel, altersabhängige Schwankungen bei zoonotischen Infektionen aufzuklären. Die Studienergebnisse ergänzen den Nachweis von Krankheitstoleranz bei Fledertieren, die bisher mit der humoralen Immunität in Verbindung gebracht wurden, und bringen die Forschung auf dem Gebiet der zellulären Immunität von Fledertieren deutlich voran.
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