Komplizierter als gedacht: Katalyse unter dem Mikroskop

Die chemische Analyse auf mikroskopischer Skala zeigte, dass die Katalysatorzusammensetzung lokal noch mehr variieren kann als bislang angenommen

08.06.2023 - Österreich

An der TU Wien gelingt es mit Mikroskopie-Methoden, chemische Reaktionen auf Katalysatoren viel genauer und detailreicher zu beobachten als bisher. Dadurch wird nun klar, warum manche Effekte nicht vorhersehbar sind.

TU Wien

Katalyse unter dem Mikroskop

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Auf neun unterschiedlichen Katalysator-Konfigurationen wurde Wasserstoff-Oxidation untersucht.

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Katalysatoren aus winzigen Metallpartikeln spielen in der Technik eine äußerst wichtige Rolle – von der Brennstoffzelle bis zur Herstellung von synthetischen Treibstoffen als Energiespeicher. Das Verhalten von Katalysatoren hängt aber von vielen Details ab, deren Zusammenspiel schwer zu verstehen ist. Selbst wenn man zweimal genau denselben Katalysator herstellt, kann es durchaus sein, dass sich die beiden wegen feiner Unterschiede trotzdem chemisch recht unterschiedlich verhalten.

An der TU Wien versucht man, die Ursachen dafür zu ergründen, indem man die auf den Katalysatoren ablaufenden Reaktionen mit verschiedenen Mikroskopie-Techniken Punkt für Punkt abbildet. Nur so erhält man ein verlässliches, mikroskopisch exaktes Verständnis der Katalyse-Prozesse.

Dabei zeigte sich nun: selbst verhältnismäßig „einfache“ Katalyse-Systeme sind komplexer als bisher gedacht. So zeigt sich etwa, dass es nicht nur auf die Größe der verwendeten Metallpartikel und die chemische Natur des Trägermaterials ankommt, sogar innerhalb einzelner Partikel können sich ganz unterschiedliche Bedingungen auf der Mikrometer-Skala einstellen. Im Zusammenspiel mit Computermodellierung konnte nun das Verhalten unterschiedlicher Katalysatoren erklärt und korrekt vorhergesagt werden.

Partikel ist nicht gleich Partikel

„Wir untersuchen die Verbrennung des zukünftigen Energieträgers Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser, wobei wir Rhodium-Partikel als Katalysatoren einsetzen“, sagt Prof. Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie der TU Wien. Ganz unterschiedliche Parameter spielen dabei eine Rolle: Wie groß sind die Rhodium-Partikel? Auf welchen Träger werden sie aufgebracht? Bei welcher Temperatur und bei welchem Umgebungsdruck finden die Reaktionen statt?

„Der Katalysator aus Rhodium-Partikeln verhält sich aber nicht als einheitliches Objekt, das man mit einigen wenigen Parametern beschreiben kann, wie man das bisher oft versucht hat“, erklärt Günther Rupprechter. „Es zeigt sich, dass das chemische Verhalten lokal stark variiert. Eine bestimmte Stelle auf einem bestimmten Rhodium-Partikel ist jetzt vielleicht gerade katalytisch aktiv – eine benachbarte Stelle, nur wenige Mikrometer daneben, aber nicht. Und einige Minuten später hat sich die Situation vielleicht wieder völlig geändert.“

Neun Katalysatoren auf einen Streich

Der Erstautor der in der Zeitschrift ACS Catalysis veröffentlichten Studie, Dr. Philipp Winkler, stellte dazu eine ausgeklügelte Katalysator-Probe her, bestehend aus neun verschiedenen Einzelkatalysatoren mit unterschiedlich großen Partikeln und verschiedenen Trägermaterialien. In einem speziellen Versuchsaufbau konnten dadurch alle Katalysatoren gleichzeitig im selben Experiment beobachtet und verglichen werden.

„Mit unseren Mikroskopen können wir für jeden Punkt der Probe feststellen, ob der Katalysator an dieser Stelle gerade aktiv ist, welche chemische Zusammensetzung und welche elektronischen Eigenschaften er hat“, sagt Philipp Winkler. „Mit herkömmlichen Methoden wird üblicherweise nur ein Mittelwert der ganzen Probe gemessen, aber wie wir zeigen konnten, reicht das eben bei Weitem nicht aus.“

Noch komplexer als bisher gedacht

Die chemische Analyse auf mikroskopischer Skala zeigte, dass die Katalysatorzusammensetzung lokal noch mehr variieren kann als bisher gedacht: selbst innerhalb der Metallpartikel gibt es starke Unterschiede. „Atome des Trägermaterials können auf die Partikel wandern oder sogar in sie eindringen“, sagt Günther Rupprechter. „Es gibt dann teilweise keine scharfe Trennlinie mehr, sondern kontinuierliche Übergänge zwischen Katalysator-Partikel und Träger. Es ist wichtig, das zu berücksichtigen – denn dadurch ändert sich auch die chemische Aktivität.“

Im nächsten Schritt wird das Team die gewonnenen Erkenntnisse und die erfolgreiche Methodik weiter anwenden, um noch komplexere katalytische Prozesse mikroskopisch exakt erklären zu können und damit zur Weiterentwicklung von Katalysatoren und zur Suche nach Katalysatoren mit optimaler Effizienz beitragen.

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