DNA-Chips als Speichermedien der Zukunft
Lehrstuhl für Bioinformatik, Universität Würzburg
Das Erbmolekül DNA kann auf sehr kleinem Raum sehr viele Informationen über lange Zeiträume speichern. Die Wissenschaft verfolgt darum seit gut zehn Jahren das Ziel, DNA-Chips für die Computertechnik zu entwickeln, beispielsweise zur Langzeitarchivierung von Daten. Solche Chips wären den herkömmlichen, auf Silizium basierenden Chips in Sachen Speicherdichte, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit überlegen.
In einem DNA-Strang finden sich vier immer wiederkehrende Grundbausteine. Über eine spezifische Abfolge dieser Bausteine lassen sich Informationen codieren, so wie es die Natur vormacht. Um einen DNA-Chip zu bauen, muss die entsprechend codierte DNA synthetisiert und stabilisiert werden. Klappt das gut, bleiben die Informationen sehr lange erhalten – die Forschung geht von mehreren tausend Jahren aus. Abrufen lassen sich die Informationen, indem man die Abfolge der vier Grundbausteine automatisiert ausliest und decodiert.
Welche Herausforderungen zu bewältigen sind
„Dass eine digitale DNA-Datenspeicherung mit hoher Kapazität und langer Lebensdauer realisierbar ist, wurde in den vergangenen Jahren mehrfach demonstriert“, sagt Professor Thomas Dandekar, Leiter des Lehrstuhls für Bioinformatik an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. „Aber die Speicherkosten sind hoch, an die 400.000 US-Dollar pro Megabyte, und die in der DNA gespeicherten Informationen lassen sich nur langsam abrufen. Das dauert Stunden bis Tage, je nach Datenumfang.“
Diese Herausforderungen gelte es zu überwinden, um eine DNA-Datenspeicherung anwendbarer und marktfähiger zu machen. Geeignete Hilfsmittel dafür seien lichtgesteuerte Enzyme und Protein-Netzwerk-Design-Software. Das erörtern Thomas Dandekar und seine Lehrstuhlteam-Mitglieder Aman Akash und Elena Bencurova in einem aktuellen Review im Journal Trends in Biotechnology.
Dandekars Team ist davon überzeugt, dass DNA eine Zukunft als Datenspeicher hat. In dem Journal zeigt die JMU-Gruppe auf, wie eine Kombination aus Molekularbiologie, Nanotechnologie, neuartigen Polymeren, Elektronik und Automatisierung, gepaart mit systematischer Entwicklung, in einigen Jahren eine für den täglichen Gebrauch nutzbare DNA-Datenspeicherung ermöglichen könnte.
Forschung an DNA-Chips aus Nanozellulose
Im Würzburger Biozentrum forscht Dandekars Team mit DNA-Chips aus halbleitender, bakteriell hergestellter Nanozellulose. „Mit diesem proof of concept können wir zeigen, wie die derzeitige Elektronik und Computertechnik teilweise durch molekularbiologische Komponenten ersetzbar wird“, sagt der Professor. Auf diese Weise ließen sich Nachhaltigkeit, volle Recyclingfähigkeit und hohe Robustheit selbst gegen elektromagnetische Pulse oder Stromausfälle verwirklichen, aber auch eine hohe Speicherdichte von bis zu einer Milliarde Gigabyte je Gramm DNA.
Die Entwicklung von DNA-Chips schätzt Thomas Dandekar als hoch relevant ein: „Wir werden als Zivilisation nur dann längerfristig Bestand haben, wenn wir den Sprung in diesen neuen Typ von nachhaltiger Computertechnik durch Molekularbiologie und neue Polymertechnologie schaffen.“
Wichtig für die Menschheit sei es, zu einer Kreislaufwirtschaft im Einklang mit den planetaren Grenzen und der Umwelt zu kommen. „Das müssen wir in 20 bis 30 Jahren erreichen. Die Chiptechnologie ist dafür ein wichtiges Beispiel, aber die nachhaltigen Technologien, mit denen sich Chips ohne Elektroschrott und Umweltbelastung herstellen lassen, sind noch nicht ausgereift. Dazu leistet unser Nanocellulose-Chipkonzept einen wertvollen Beitrag. In der neuen Arbeit haben wir unser Konzept kritisch hinterfragt und mit aktuellen Neuerungen aus der Forschung weiter vorangebracht.“
DNA-Speichermedien weiter verbessern
Dandekars Team arbeitet aktuell daran, die DNA-Chips aus halbleitender Nanozellulose noch besser mit den selbst entwickelten Designer-Enzymen zu verbinden. Auch die Enzyme selbst müssen weiter verbessert werden. „Wir wollen so erreichen, dass wir das DNA-Speichermedium immer besser steuern und noch mehr darauf speichern können, aber auch Kosten sparen und damit Schritt für Schritt eine praktische Nutzung als Speichermedium im Alltag ermöglichen.“