Neuartiges Mikroskop arbeitet mit dem Quantenzustand einzelner Elektronen

08.12.2023

Die uns umgebende Welt bestehet aus Atomen und Molekülen. Die Moleküle sind so winzig, dass selbst ein Staubkorn unzählige von ihnen enthält. Umso faszinierender ist es, dass es heutzutage möglich ist, solche Moleküle mit einem Mikroskop, dem so genannten Rasterkraftmikroskop, präzise abzubilden. Dieses funktioniert ganz anders als ein Lichtmikroskop: Es basiert auf der Detektion winziger Kräfte zwischen einer Spitze und dem zu untersuchenden Molekül. Auf diese Weise kann man sogar die innere Struktur eines Moleküls abbilden. Obwohl man das Molekül gleichsam beobachten kann, bedeutet dies nicht, dass man alle seine Eigenschaften kennt. Es ist zum Beispiel allein schon sehr schwer zu bestimmen, aus welchen Atomen das Molekül besteht.

© Eugenio Vázquez

Künstlerische Darstellung der Integration von Elektronenspinresonanz in die Rasterkraftmikroskopie. Die weiße Struktur unten repräsentiert ein einzelnes Molekül, die Pfeile seinen Spin-Quantenzustand und die Wellenlinien das Radiofrequenz-Magnetfeld, welches die Elektronenspinresonanz treibt. Letztere wird mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops detektiert.

Glücklicherweise gibt es andere Instrumente und Methoden, mit denen man die Zusammensetzung von Molekülen bestimmen kann. Eines davon ist die Elektronenspinresonanz, die auf ähnlichen Prinzipien wie ein MRT-Scanner in der Medizin beruht. Bei der Elektronenspinresonanz benötigt man jedoch in der Regel unzählige Moleküle, um ein messbares Signal zu erhalten. Auf diese Weise kann man nicht auf die Eigenschaften jedes einzelnen Moleküls zugreifen, sondern nur auf deren gemittelten Signale.

Forschende der Universität Regensburg haben unter der Leitung von Prof. Dr. Jascha Repp, vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der UR, jetzt die Elektronenspinresonanz in die Rasterkraftmikroskopie integriert. Dabei wird die Elektronenspinresonanz direkt mit der Spitze des Mikroskops detektiert, so dass das Signal nur von einem einzelnen Molekül stammt. Auf diese Weise konnten die Forschenden ein Molekül nach dem anderen einzeln charakterisieren und es ließ sich leicht feststellen, aus welchen Atomen das jeweilige Molekül bestand, das sie gerade abgebildet hatten. "Wir konnten sogar Moleküle unterscheiden, die sich nicht in der Art der Atome unterscheiden, aus denen sie zusammengesetzt sind, sondern nur in ihren Isotopen, d.h. in der Zusammensetzung der Atomkerne", fügt Lisanne Sellies, die Erstautorin dieser Studie, hinzu.

„Noch faszinierender ist für uns jedoch eine weitere Möglichkeit, die die Elektronenspinresonanz mit sich bringt:“ erklärt Prof. Dr. Repp, „mit dieser Technik lässt sich der Quantenzustand der im Molekül vorhandenen Elektronen, nämlich der des sogenannten Spins, steuern.“ Dies wird in der Illustration durch die kleinen farbigen Pfeile veranschaulicht. Aber warum ist das so spannend? Quantencomputer speichern und verarbeiten Informationen, die in einem Quantenzustand kodiert sind. Um eine Berechnung durchzuführen, müssen Quantencomputer einen Quantenzustand manipulieren, ohne dass die Information durch sogenannte Dekohärenz verloren geht.

Die Regensburger Forschenden zeigen, dass sie mit ihrer neuen Technik den Quantenzustand des Spins in einem einzelnen Molekül viele Male manipulieren konnten, bevor der Zustand dekohärent wurde. Da die Mikroskopietechnik es erlaubt, die individuelle Nachbarschaft des Moleküls abzubilden, könnte die neu entwickelte Technik helfen zu verstehen, wie die Dekohärenz in einem Quantencomputer von der Umgebung auf atomarer Ebene abhängt, und - möglicherweise - wie man sie vermeiden kann.

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