BASF erforscht im Auf­trag der Europäischen Chemikalien­agentur Alter­nativ­methoden für Tier­versuche

Anzahl der Tierversuche für Sicherheitsbewertungen chemischer Stoffe soll weiter reduziert werden

07.02.2024

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA (European Chemicals Agency) hat ein Konsortium unter Beteiligung von BASF beauftragt, die Zuverlässigkeit und Relevanz neuer Technologien als Alternativen für Tierversuche, sogenannte New Approach Methodologies (NAMs), wissenschaftlich zu untersuchen und deren Einsatz in Zukunft zu fördern. Ziel des Auftrags mit einem Fokus auf molekularbiologischen Technologien (OMICS und Toxikokinetik) ist, dass Genehmigungs- und Bewertungsbehörden weitere NAMs anerkennen. Damit kann die Anzahl der Tierversuche für Sicherheitsbewertungen von chemischen Stoffen weiter reduziert werden. Der Auftrag hat eine Laufzeit von sechs Jahren und ein Fördervolumen durch die ECHA von insgesamt 4,2 Millionen Euro.

BASF SE

Analytisches Messgerät zur Bestimmung von metabolomischen Veränderungen. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA (European Chemicals Agency) hat ein Konsortium unter Beteiligung von BASF beauftragt, die Zuverlässigkeit und Relevanz neuer Technologien als Alternativen für Tierversuche, sogenannte New Approach Methodologies (NAMs), wissenschaftlich zu untersuchen und deren Einsatz in Zukunft zu fördern.

Das Auftragsforschungsprojekt wird vom Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM), Hannover, geleitet. ITEM, Michabo Health Science, Coventry/England, und BASF Metabolome Solutions, Berlin, koordinieren die Arbeiten. Weitere Partner sind die Abteilung für Experimentelle Toxikologie und Ökologie der BASF, Ludwigshafen, die Universität Birmingham/England sowie die Biotechnologie-Unternehmen BioClavis, Glasgow/Schottland und Novogene Europe, Cambridge/England.

Die Forschungspartner unterstützen ECHA dabei, Richtlinien zu erarbeiten, mit denen die Eigenschaften von Stoffen, zu denen noch keine ausreichenden Sicherheitsinformationen vorliegen, zuverlässig vorhergesagt werden können. Dabei helfen vorhandene Informationen zu strukturell ähnlichen Stoffen. Dieser Ansatz nennt sich Grouping & Read-Across. „Bereits heute wird dieser Ansatz genutzt, um Datenlücken bei Registrierungen im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH zu schließen. Und wir möchten ihn weiter ausbauen, zum Beispiel durch den Einsatz molekularbiologischer Methoden. Denn wird Grouping & Read-Across korrekt angewandt, muss nicht mehr jeder Stoff tierexperimentell untersucht werden. Damit können wir die Anzahl der Tierversuche weiter reduzieren und auch die Kosten bei Sicherheitsbewertungen verringern“, sagt der Toxikologe-Professor Hennicke Kamp, Managing Director bei BASF Metabolome Solutions.

Ein Schwerpunkt des Auftragsforschungsprojektes ist deshalb auch, die Aussagekraft von OMICS-Technologien bei Sicherheitsbewertungen von Stoffen zu evaluieren. Das sind Technologien, mit denen unter anderem die Aktivierung von Genen (Transkriptomik) oder sämtliche Stoffwechselvorgänge (Metabolomik) in kultivierten Zellen oder in einem Lebewesen untersucht werden können. Die Forscherinnen und Forscher können mit den OMICS-Technologien in einer biologischen Probe zahlreiche verschiedene Veränderungen messen und damit auf eine mögliche schädigende Wirkung von Stoffen schließen. Mit der Transkriptomik lässt sich zum Beispiel ermitteln, wie sich die Aktivität von Genen nach Zugabe eines bestimmten Stoffes verändert. Das erlaubt Rückschlüsse auf Veränderungen von Zellen oder Organen. Mit der Technologie der Metabolomik können Stoffwechselprodukte in den Zellen wie zum Beispiel Aminosäuren, Lipide oder Hormone untersucht werden. Verändern sich diese, kann der Gesundheitszustand eines Organismus beurteilt werden ähnlich wie bei einer Blutuntersuchung beim Hausarzt.

Das Forschungsteam möchte herausfinden, unter welchen Umständen die OMICS-Technologien reproduzierbar zuverlässige Erkenntnisse liefern, um die Sicherheit von chemischen Stoffen bewerten zu können. Zulassungsbehörden sollen diese Erkenntnisse dann zur Bewertung der Stoffe heranziehen können. Dies kann in Zukunft die Anzahl der Tierversuche weiter verringern. Die hierfür notwendigen regulatorischen Richtlinien soll das Konsortium ebenfalls entwickelt.

Ein weiterer Schwerpunkt des Forschungsprojektes ist die Bewertung von Methoden, die das toxikokinetische Verhalten von Stoffen in einem Organismus vorhersagen. Das umfasst, wie Stoffe aufgenommen, im Organismus verteilt und wieder ausgeschieden werden. Auch Speicherprozesse und der Abbau von Stoffen lassen sich damit beurteilen. Zu diesen Methoden gehört auch die Verwendung von Computermodellen, sogenannten physiologisch-basierten kinetischen (PBK) Modellen. Um den Einsatz solcher PBK-Modelle in der Sicherheitsbewertung zu verbessern, wird das Konsortium die Anwendbarkeit der PBK-Modelle sowie ihrer eingegebenen Daten untersuchen. Hier werden vor allem toxikokinetische Daten berücksichtigt, die bei In-silico- (im Computer) und In-vitro-Experimenten (an Zellen, Gewebe oder Organen isoliert und unter kontrollierten Bedingungen außerhalb des Körpers) erhoben wurden. Dabei liegt ein Fokus auf der Leistungsfähigkeit und den Limitierungen dieser Methoden, dem momentan vorhandenen Fachwissen und möglichen Wissenslücken.

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