Erstmalig Quadrupol-Spins mit Nullfeld-NMR vermessen

Entscheidender Schritt in der Nullfeld-Magnetresonanzspektroskopie und damit hin zur Präzisions-Chemie gelungen

08.07.2024

Wie sieht die Struktur eines bestimmten Moleküls aus? Wie wechselwirken Moleküle miteinander? Um solche Fragen zu beantworten, kommt vielfach die Magnetresonanzspektroskopie zum Einsatz. Mit einem starken äußeren Magnetfeld werden die Spins der Atomkerne ausgerichtet und über ein oszillierendes schwaches Magnetfeld – erzeugt von Spulen – zum Rotieren gebracht. Als Resultat ändert sich die Spannung, die sich in eine Frequenz umrechnen lässt. Diese Frequenz lässt auf die Art der Moleküle schließen, zudem verrät sie etwas über die Wechselwirkung der Kernspins. Allerdings sind für diese Untersuchungen hohe Magnetfelder nötig, die sehr große, schwer zu installierende Geräte benötigen. Auch ist es schwierig, Kerne mit einem Quadrupol-Spin zu vermessen. Diese liegen jedoch bei den meisten magnetischen Atomkernen vor.

© Oleg Tretiak

NMR-Röhrchen, die mit Flüssigkeiten gefüllt sind

Die Nullfeld-Magnetresonanzspektroskopie, kurz Nullfeld-NMR, dagegen kommt ohne das starke äußere Magnetfeld aus – die Kopplungen zwischen den Kernspins magnetisch aktiver Kerne sind die dominante quantenmechanische Wechselwirkung. Die Linien des Spektrums sind somit schmaler und schärfer, auch lassen sich Proben in Gefäßen aus Metall oder anderen Materialien untersuchen. Interessant ist die Nullfeld-Magnetresonanzspektroskopie unter anderem in der metallurgischen Forschung, in der Pflanzenforschung und der Medizin. Um die minimalen Kopplungen messen zu können, muss allerdings das Erdmagnetfeld abgeschirmt werden – eine aufwendige Angelegenheit.

Einfacher, aber dennoch präziser Versuchsaufbau

Forschenden der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) ist es gemeinsam mit der University of California, Berkeley nun erstmalig gelungen, mit der Nullfeld-NMR einen Quadrupol-Kern zu vermessen. "Genauer gesagt haben wir ein Ammonium-Molekül, also NH4, analysiert, da dieses für verschiedene Anwendungen sehr wichtig ist", sagt Dr. Danila Barskiy, Gruppenleiter an der JGU. "Wir hoffen, diese Moleküle künftig selbst in komplexen Umgebungen wie Reaktoren und Metallbehältern nachweisen zu können." Anhand von Ammonium entwickelten die Forschenden ein einfaches System: Ammonium-Salz mit Wasser mischen, verschiedene Mengen Deuterium zugeben – und schon können die einzelnen Spektren aufgenommen und analysiert werden. Dazu nutzten die Wissenschaftler ein fingernagelgroßes Device, das auf dem Markt erhältlich ist. Auch ein magnetisch abgeschirmter Raum ist unnötig, es genügt ein magnetisch abgeschirmter kompakter Messaufbau.

Präzisionsmessungen erlauben eine Überprüfung der Theorien

Eine weitere interessante Frage, die die Forschenden untersuchten: Wie beeinflusst die Zahl der Deuterium-Atome in einem Ammonium-Molekül das Spektrum und die Relaxationseigenschaften der Spins? "Unsere Methode ermöglicht es, die Resonanzfrequenzen mit höchster Präzision zu bestimmen. Indem diese mit experimentellen Daten verglichen werden, kann die Methode daher als Benchmark für quantenchemische Berechnungen verwendet werden. Wir hoffen gespannt darauf, dass unsere Arbeit in naher Zukunft zur Standardpraxis wird", erklärt Román Picazo-Frutos, Student am Institut für Physik der JGU und Erstautor der Veröffentlichung. Zwar sagen die derzeitigen Theorien die Ergebnisse des Teams bereits recht gut vorher, dennoch gibt es kleine Abweichungen. "Diese Arbeit erweitert den Bereich der Moleküle, die mit Nullfeld- bis Ultraniedrigfeld-NMR-Techniken analysiert werden können, erheblich und könnte zur Entwicklung neuartiger Anwendungen führen, beispielsweise zur Analyse kleiner Atomkernzahlen über ihren radioaktiven Gammazerfall. Es bleibt noch viel zu tun!", fasst Prof. Dr. Dmitry Budker von der JGU zusammen.

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