Der Depression auf der Spur

Fluoreszenz-Bildgebung mit molekularer Sonde weist Serotonin spezifisch nach

10.09.2024

Serotonin hat für Depressionen hohe Relevanz für Diagnose, Behandlung und Wirkstoffentwicklung. Um diese genauer zu erforschen, hat ein chinesisches Team jetzt eine für Serotonin hoch empfindliche, selektive Fluoreszenz-Sonde für bildgebende Verfahren entwickelt. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt es zudem erste an einem Zell- und einem Tiermodell erzielte Ergebnisse vor.

© Wiley-VCH

Depressionen stellen weltweit ein erhebliches Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Die derzeitige Behandlung ist unzureichend, vor allem weil der Mechanismus der Depression schwer zu ermitteln ist. Neue Untersuchungen sprechen dafür, dass Depressionen nicht nur durch einen verminderten Serotonin-Spiegel verursacht werden.

Um die Rolle von Serotonin bei Depressionen zu untersuchen, wollte das Team um Weiying Lin von der Guangxi-Universität (China) eine hochselektive molekulare Fluoreszenz-Sonde entwickeln. Das Problem: Serotonin ähnelt in seiner Struktur und Chemie anderen Biomolekülen, wie Melatonin und Tryptophan. Genaue Analysen ergaben jedoch subtile Unterschiede in den Reaktivitäten. Das Team designte eine spezielle reaktive Gruppe (3-Mercaptopropionat), die über eine Kaskadenreaktion hochselektiv mit Serotonin reagieren kann. Dieser reaktive Baustein wurde an einen Fluoreszenzfarbstoff (Dicyanomethylen-Benzopyran-Derivat) angehängt.

Durch das „Anhängsel“ ist die Fluoreszenz der Sonde zunächst „abgeschaltet“. Kommt sie mit Serotonin in Berührung, reagiert zunächst eine Stelle (SH-Gruppe des reaktiven Bausteins bindet an eine Doppelbindung des Serotonins, Thiol-En-Klick-Reaktion). Anschließend kommt es, erleichtert durch die Nähe, zu einer weiteren Bindung (nukleophile Reaktion zwischen Aminogruppe des Serotonins und Carbonylgruppe des reaktiven Bausteins). In der Folge wird der Baustein vom Fluoreszenzfarbstoff abgespalten und so die Fluoreszenz „angeschaltet“. Die Sonde zeigt selektiv und empfindlich die Anwesenheit von Serotonin an, auch im Inneren von Zellen.

Das Team nutzte die Sonde für die Bildgebung an einer neuronalen Zelllinie, die durch Gabe von Kortikosteron in ein Modell für Depression umgewandelt werden kann. Es zeigte sich, dass das Serotonin-Level in den normalen und den „depressiven“ Zellen fast gleich hoch war. Die depressiven Zellen konnten als Antwort auf eine Stimulation jedoch wesentlich weniger Serotonin ausschleusen als die normalen. Zugabe der gängigen Antidepressiva (Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) konnte die Freisetzung leicht erhöhen.

Laut einer Hypothese soll das Biomolekül mTOR, das eine Rolle bei vielen zellulären Signalwegen spielt, mit einer verringerten Fähigkeit zur Serotonin-Freisetzung in Zusammenhang stehen. In der Tat beobachte das Team, dass mTOR-Aktivatoren die Serotonin-Freisetzung der depressiven Zellen deutlich erhöhen, mTOR-Hemmer umgekehrt die Serotonin-Freisetzung der normalen Zellen verringern. Am Neuronen- und im Maus-Modell konnten alle Ergebnisse bestätigt werden.

Die Bildgebungsstudien sprechen dafür, dass das Serotonin-Niveau im Modell für Depressionen nicht der primäre Faktor ist. Kritischer scheint die Fähigkeit von Neuronen zu sein, Serotonin freizusetzen – die stark mit der Aktivität von mTOR korreliert. Dies könnte eine neue Richtung für die Weiterentwicklung antidepressiver Therapien weisen.

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