Neuer Test verbessert Diagnose von Allergien

Höhere diagnostische Genauigkeit als gängige Tests

21.10.2024
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Forschende der Universität Bern und des Inselspitals, Universitätsspital Bern, haben einen Test entwickelt, der die Diagnose von Allergien vereinfachen soll. Dessen Wirksamkeit wurde nun mit klinischen Proben von Kindern und Jugendlichen, die an einer Erdnussallergie leiden, bestätigt. Die Ergebnisse könnten die klinische Diagnostik von Allergien künftig grundlegend verbessern.

Nahrungsmittelallergien stellen weltweit ein bedeutendes Gesundheitsproblem dar. In einigen Ländern sind bis zu 10% der Bevölkerung betroffen, in erster Linie Kleinkinder. Insbesondere die Erdnussallergie gehört zu den häufigsten Erkrankungen und äussert sich oft in schweren, potenziell lebensbedrohlichen Reaktionen. Die Belastung durch Nahrungsmittelallergien wirkt sich nicht nur auf die betroffenen Personen aus, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf deren Familien, das Gesundheitssystem und die Lebensmittelindustrie. Der orale Provokationstest, bei dem die Betroffenen das Allergen (z. B. Erdnussextrakt) unter Aufsicht einnehmen, um die allergische Reaktion zu testen, gilt nach wie vor als der Goldstandard in der Diagnostik. Die Methode ist jedoch aufwändig und birgt gesundheitliche Risiken. Auch der Allergen-Prick-Hauttest und der Bluttest sind oftmals nicht sehr genau, was zu Fehldiagnosen und unnötiger Nahrungsmittelvermeidung führen kann.

Ein Team von Forschenden unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Eggel vom Department for BioMedical Research (DBMR) der Universität Bern und der Universitätsklinik für Rheumatologie und Immunologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Prof. Dr. Thomas Kaufmann vom Institut für Pharmakologie der Universität Bern, hat 2022 einen alternativen Test entwickelt. Dieser ahmt die allergische Reaktion im Reagenzglas nach und bietet somit eine attraktive Alternative zu gängigen Tests. In einer klinischen Studie haben die Berner Forschenden in Zusammenarbeit mit Partnern vom Hospital for Sick Kids in Toronto, Kanada nun die Wirksamkeit des Tests an Proben von Kindern und Jugendlichen mit bestätigter Erdnuss-Allergie und einer gesunden Kontrollgruppe geprüft. Sie konnten zeigen, dass der neue Test eine höhere diagnostische Genauigkeit hat als die bisher verwendeten Methoden. Die Studie wurde jüngst im European Journal for Allergy and Clinical Immunology (Allergy) publiziert.

Mastzellaktivierungstest als geeignete Alternative

«Die häufigsten Nahrungsmittelallergien gehören zu den Typ I Allergien. Sie entstehen, wenn der Körper als Reaktion auf eigentlich harmlose Stoffe (Allergene), Antikörper der Klasse Immunglobulin E (IgE) bildet», erklärt Alexander Eggel. Diese Antikörper binden an spezifische Rezeptoren auf den sogenannten Mastzellen. Dabei handelt es sich um spezialisierte Zellen des Immunsystems, die eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen und Entzündungen spielen. Sie befinden sich hauptsächlich im Gewebe, etwa in der Darmschleimhaut, und werden durch die Bindung der Antikörper auf das Allergen vorbereitet und sensibilisiert. Bei erneutem Kontakt mit dem Allergen bindet dieses direkt an die mit Antikörpern beladenen Mastzellen, wodurch diese aktiviert werden und eine allergische Reaktion auslösen. «Bei dem von uns entwickelten Hoxb8 Mastzellaktivierungstest (Hoxb8 MAT), werden im Labor gezüchtete Mastzellen mit Blutserum von Allergikerinnen und Allergikern in Kontakt gebracht. Die Mastzellen binden die IgE Antikörper aus dem Serum und werden dadurch sensibilisiert. Anschliessend können wir die Mastzellen mit verschiedenen Mengen der zu testenden Allergene stimulieren» so Eggel. Die Quantifizierung der aktivierten Mastzellen lässt darauf schliessen, wie allergisch ein Patient oder eine Patientin auf das getestete Allergen ist, ohne dass er oder sie das Nahrungsmittel einnehmen muss.

Höhere diagnostische Genauigkeit als gängige Tests

Für die Studie wurden Serumproben von insgesamt 112 Kindern und Jugendlichen verwendet, die bereits an einer Studie in Kanada teilgenommen hatten und für die eindeutige diagnostische Daten über ihren Erdnussallergiestatus vorlagen. Die im Labor gezüchteten Mastzellen wurden mit deren Serum sensibilisiert und anschliessend mit Erdnussextrakt stimuliert. «Der zellbasierte Test war einfach durchzuführen und hat einwandfrei funktioniert. Innert zwei Tagen waren alle Proben gemessen, was sehr schnell war», sagt Thomas Kaufmann. Die Ergebnisse zeigten, dass sehr viele Seren der Allergiker und Allergikerinnen eine Allergendosis-abhängige Aktivierung aufwiesen, während fast alle Proben der nicht allergischen Kontrollen die Mastzellen nicht aktivierten. «Aus diesen Daten konnte eine aussergewöhnlich hohe diagnostische Genauigkeit von 95% berechnet werden», ergänzt Eggel.

Zudem wurden die in der Studie gemessenen Daten im direkten Vergleich mit anderen, in der Klinik etablierten, diagnostischen Methoden analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass der Hoxb8 MAT Test eine merklich höhere Genauigkeit aufwies als die gängige Messung von Allergen-spezifischen IgE- Antikörpern im Blut oder der oft angewandte Hauttest. «Der Quervergleich mit anderen klinischen Tests war enorm wichtig, um herauszufinden welcher von diesen die allergische Reaktion der Betroffenen am verlässlichsten abbildet. Der neue Mastzellaktivierungstest hat den Vorteil, dass er funktionell ist und dadurch viele Parameter, die für die Auslösung der Allergie wichtig sind, mit einbezieht», sagt Thomas Kaufmann und fügt an: «Der neue Test basiert zudem auf stabilem Blutserum, das mittels einfacher Blutentnahme abgenommen und anschliessend im Gefrierschrank aufbewahrt werden kann. Dadurch fallen herausfordernde logistische Hürden, wie sie bei anderen Methoden auftreten, weg.» Die Studie konnte zudem zeigen, dass der Hoxb8 MAT Test zu weniger falsch negativen Resultaten führt.

«Was in dieser Studie für die Diagnose von Erdnuss-Allergien gezeigt wurde, kann auf einfache Art und Weise auch auf andere Allergien angewandt werden. Die Technologie ist ein perfektes Beispiel, wie Grundlagenforschung aus der Universität Bern zur klinischen Anwendung gebracht werden kann, und schlussendlich Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten das Leben vereinfachen könnte», sagt Eggel abschliessend.

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