Erste detaillierte Daten über ein im gasförmigen Zustand stabiles Protein
Uni Innsbruck
Proteine sind die Bausteine des Lebens und übernehmen vielfältige Aufgaben im Organismus. Die meist sehr komplexen räumlichen Strukturen dieser Makromoleküle haben entscheidenden Einfluss auf ihre biologischen Funktion. Diese Strukturen im Detail zu verstehen, erweist sich jedoch als schwierig. Mit bisherigen Methoden kann die Struktur von Proteinen nur in kondensierter Form, etwa in Kristallen, untersucht werden. Ein von Dr. Kathrin Breuker vom Institut für Organische Chemie der Universität Innsbruck angewendetes Verfahren, die Fourier-Transform-Ionen-Zyklotron-Resonanz-Massenspektrometrie, erlaubt nun auch die Untersuchung gasförmiger, von Lösungsmitteln freier Proteine. Die gelösten Biomoleküle werden dazu vom Lösungsmittel getrennt und ionisiert und dann in einer Vakuumkammer vermessen. „Mit dieser Methode sehen wir die Eiweiße quasi im ‚nackten’ Zustand durch unser Messinstrument fliegen“, verdeutlicht die Forscherin. Gemeinsam mit ihrem Institutskollegen Priv.-Doz. Martin Tollinger hat Breuker nun ein ganz spezielles Protein ins Visier genommen. Tollinger hatte mittels Kernspinresonanzspektroskopie schon länger die Struktur und Stabilität des Proteins KIX in gelöster Form untersucht. KIX besteht aus drei gebündelten Helixspiralen und weist besondere Stabilitätseigenschaften auf, wie Breuker und Tollinger nun zeigen konnten. „Während Proteine in der Gasphase normalerweise innerhalb von Millisekunden ihre natürliche Faltung verlieren, fliegt KIX mindestens vier Sekunden lang stabil gefaltet durch die Vakuumkammer“, erzählen die Forscher von ihrer überraschenden Beobachtung.
Proteinstrukturen besser verstehen
Durch einander ergänzende Analysen konnten Breuker und Tollinger detaillierte Daten zu dem Protein gewinnen. Grund für die besondere Stabilität von KIX sind demnach elektrostatische Wechselwirkungen. Die Forscher schreiben die Stabilität vier unterschiedlichen Typen von Wechselwirkungen zu, wobei die sogenannten Salzbrücken –Ionenbindungen zwischen positiv und negativ geladenen Seitenketten der Proteine – am meisten zur Stabilität beitragen. Vergleichende Studien zeigen aber, dass erst die Kombination mehrerer Wechselwirkungstypen diese hohe Stabilität garantiert. „Damit steht uns erstmals ein Modellsystem für die Analyse von Proteinstrukturen in der Gasphase zur Verfügung, mit dem auch andere bzw. neue Methoden getestet werden können“, erklärt Kathrin Breuker. „Diese Untersuchungen helfen uns, Proteinstrukturen besser zu verstehen.“ Dabei geht es vor allem um die Frage, welche Wechselwirkungen die Struktur von Proteinen stabilisieren. Das Protein KIX eignet sich besonders gut für diese Untersuchungen, weil nicht nur die Struktur als Ganzes sondern auch einzelne Details im gasförmigen Zustand erhalten bleiben. „Unser Ziel ist es, weitere strukturelle Eigenschaften zu bestimmen, die uns Aufschluss über das Verhalten der Proteine in unterschiedlichen chemischen Umgebungen geben können“, sagen die beiden Wissenschaftler.
Kathrin Breuker ist Mitglied des Forschungszentrums für Molekulare Biowissenschaften (CMBI) der Universität Innsbruck und wurde 2007 mit dem START-Preis ausgezeichnet. Martin Tollinger leitet eine eigene Arbeitsgruppe am Institut für Organische Chemie der Universität Innsbruck.
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