BMBF-Projekt CordiLux erforscht optisches Verfahren zur Früherkennung herzschädigender Medikamente

19.09.2011 - Deutschland

Neue Medikamente müssen vor ihrer Markteinführung auf Herztoxizität geprüft werden. Bisher fehlen hierzu Verfahren, die aussagekräftig und im Industriemaßstab durchführbar sind. Einen neuen Ansatz erforscht die Arbeitsgruppe des Homburger Zellbiologen Peter Lipp im Projekt „CordiLux“. Die Wissenschaftler verwenden isolierte Herzmuskelzellen und testen deren Reaktion auf neue Substanzen erstmals mittels einer optischen Methode. Das auf drei Jahre angelegte Projekt wird in Zusammenarbeit mit einem Firmenkonsortium durchgeführt, umfasst knapp vier Millionen Euro und wird vom Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit circa 2,5 Millionen Euro gefördert. Davon fließen etwa 550.000 Euro an die Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes. Projektstart war am 1. Juli.

Medikamente können lebensbedrohliche Schäden am Herz hervorrufen, insbesondere wenn sie über längere Zeit hinweg eingenommen werden. Solche unerwünschten Nebenwirkungen sind einer der Hauptgründe dafür, dass bereits zugelassene Medikamente vom Markt genommen werden. Zwar müssen alle neuen Wirkstoffe seit 2005 auf eine mögliche herzschädigende Wirkung hin untersucht werden, doch die bisher verwendeten Hochdurchsatz-Tests sind wenig aussagekräftig, da sie lediglich an einem einzigen isolierten Eiweiß durchgeführt werden. Weitere Überprüfungen finden nicht statt, bevor die Substanzen im Tierversuch getestet werden.

Diese Lücke will das „CordiLux“-Konsortium schließen. Ihm gehören neben dem Institut für Molekulare Zellbiologie von Professor Peter Lipp auch die beiden saarländischen Firmen Pharmacelsus GmbH (Saarbrücken) und Phast GmbH (Homburg) sowie fünf weitere deutsche Firmen an. Von den etwa 2,5 Millionen Euro Projektförderung im Rahmen des BMBF-Forschungsschwerpunktes Biophotonik fließen etwa eine Million Euro ins Saarland. „Unser neuer  Ansatz besteht darin, dass wir die Tests an adulten Herzmuskelzellen durchführen“, erklärt Lipp, der sich in Homburg seit 2002 mit den zellulären und molekularen Grundlagen von Herzkrankheiten beschäftigt. „Die isolierten Herzzellen, die in der Regel von Tieren stammen, reagieren nach Stimulation durch ein elektrisches Signals mit einer elektrischen Aktivität, die nahezu ebenso aussagekräftig ist wie das EKG des Herzmuskels.“ Damit könnten die Messungen an einzelnen isolierten Herzzellen dazu beitragen, die Zahl von Tierversuchen wesentlich zu verringern.

Auch methodisch geht das Wissenschaftler-Team, dem neben Zellbiologen und Biochemikern auch Physiker und eine Tierärztin angehören, neue Wege. Bisherige Methoden zur Messung der elektrischen Aktivität einer Zelle sind langwierig und für den industriellen Maßstab unbrauchbar. Im aktuellen Projekt nutzen die Forscher das Verfahren der Fluoreszenzmikroskopie. „Wir wollen die elektrische Aktivität der Herzzelle mit Licht messen, daher auch der Projektname CordiLux, also ‚Herzlicht’“, sagt Peter Lipp. Der Vorteil: „Eine optische Messung ist berührungslos möglich, und mit einer automatisierten Variante ließe sich ein sehr hoher Probendurchsatz erreichen.“ Die Zellen werden hierfür mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen eingefärbt, die als Sensoren wirken. „Das heißt, die Farbstoffe ändern ihre optischen Eigenschaften, wenn sich die elektrische Aktivität ändert“, erklärt Lars Kaestner, der Projektverantwortliche im Uni-Team. Bis zu eintausend Bilder pro Sekunde soll das Fluoreszenzmikroskop aufnehmen um damit den wichtigsten Messparameter, die Länge des elektrischen Zellsignals, exakt bestimmen können. „Damit wird es zum ersten Mal möglich sein, in Echtzeit und online zu beobachten, ob und wie Wirkstoffe Änderungen an der Herzzelle hervorrufen, die später zu tödlichen Herzschädigungen führen können“, sagt Kaestner.

Ziel der Wissenschaftler an der Medizinischen Fakultät der Saar-Uni und der beteiligten Firmenpartner ist es, alle Arbeitsschritte von der Behandlung und Kultivierung der Zellen bis zur Bildauswertung in einem vollautomatischen Messgerät zu integrieren – ein Vorhaben, das die Bereiche der Zellbiologie, der optischen Bildgebung und -verarbeitung, der Soft- und Hardware-Entwicklung und der Robotik zusammenführt.

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