Neue Forschungen zum Verhalten von Nanopartikeln in Gewässern

16.12.2011 - Österreich

Nanotechnologie rückt in das Blickfeld der Öffentlichkeit, nicht nur wegen der mit den Potenzialen verknüpften Chancen, sondern auch wegen möglicher Risiken für die Umwelt. So weiß man über den Transport und die Verteilung von Nanopartikeln in Gewässern noch relativ wenig. Um aber Vorteile einer neuen Technologie nutzen zu können, ist es gleichzeitig unabdingbar, Nachteile zu erforschen. Thilo Hofmann, Leiter des Departments für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien, und sein Team publizieren in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Environmental Science & Technology", wie man mit Tests das Verhalten von Nanopartikeln in Gewässern experimentell vorhersagen kann.

Universität Wien

Titandioxid-Nanopartikel unter dem Elektronenmikroskop.

Am Department für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien laufen derzeit mehrere Forschungsprojekte zu Anwendung und Risiken von Nanotechnologie in der Umwelt. Die Wissenschafter untersuchen das Umweltverhalten von technischen Nanopartikeln, entwickeln Messmethoden, um diese Partikel im Wasser, Boden und auch in Nahrungsmitteln nachweisen zu können und erproben die Anwendbarkeit von reaktiven Nanopartikeln für die Grundwassersanierung. "Derzeit gibt es praktisch keine Technik, um künstliche Nanopartikel in Böden oder in Gewässern zu messen. Daher wissen wir auch nicht, wie sie sich genau verhalten. Wir wollen dies mit unseren Arbeiten ändern", sagt Dr. Frank von der Kammer, stellvertretender Leiter des Departments für Umweltgeowissenschaften der Universität Wien.

Große Mengen unerforschter Partikel in Farben, Lacken und Kosmetika

Bei der aktuell publizierten Arbeit zum Umweltverhalten von technischen Nanopartikeln stehen Materialien im Vordergrund, die bereits in großen Mengen produziert und in alltäglichen Produkten eingesetzt werden. Dazu gehören neben den antibakteriell wirksamen Silbernanopartikeln auch Titandioxidpartikel, die als Weißpigmente und UV-Filter in Wandfarben, Lacken und Kosmetika eingesetzt werden.

Nanopartikel können sich im Sediment von Flüssen anreichern

Nanopartikel sind so klein, dass sie im Wasser nicht mehr zu Boden sinken, also nicht sedimentieren. Solange sie so klein bleiben, können sie über weite Strecken transportiert werden. Aggregieren sie aber, d.h. bilden sie große Flocken, sinken sie ab und können sich im Sediment von Flüssen und Seen anreichern. "Was von diesen beiden Möglichkeiten passiert, hängt nicht nur von den Partikeln ab, sondern auch von der chemischen Zusammensetzung und dem pH-Wert des Wassers", erklärt Thilo Hofmann, Leiter des Departments für Umweltgeowissenschaften und Vizedekan der Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie der Universität Wien.

Verhalten von Nanopartikeln in verschiedenen Gewässern simuliert

Von der Kammer und Hofmann simulierten für die Publikation in einer Vielzahl von Experimenten die Bandbreite der chemischen Zusammensetzung natürlicher Gewässer. Sie variierten kontrolliert den pH Wert, die Natrium- und Kalziumkonzentrationen sowie die Konzentration natürlicher organischer Substanzen. Dabei analysierten sie, wie sich dies auf die Nanopartikel auswirkt. Die große Vielfalt der simulierten hydrochemischen Bedingungen ergibt ein Bild, das auf die meisten natürlichen Gewässer übertragen werden kann. Die Umweltgeologen können also durch ihre Experimente im Labor in gewisser Weise vorhersehen, wie sich Partikel verhalten werden: in der Donau, dem Rhein oder dem Amazonas.

Das ist für zweierlei Dinge wichtig: Zum einen kann man dann vorhersagen, wie weit die Nanopartikel transportiert werden und ob eher pelagische – im uferfernen Freiwasserbereich befindliche – oder benthische – auf und im Boden der Gewässer vorhandene – Organismen den Partikeln ausgesetzt sein werden. Man kann also Aussagen zur Exposition von bestimmten Organismen machen. Zum anderen kann man mithilfe der Tests Produkte vergleichen und die Modifikation wählen, die später das gewünschte Verhalten in der Anwendung, aber auch in der Natur, an den Tag legt.

Bundesministerien unterstützen praxisrelevante Forschung

Wegen der Praxisrelevanz wurden die Arbeiten sowohl vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als auch vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gefördert. Darüber hinaus profitieren die Wissenschafter des Departments für Umweltgeowissenschaften von "BIG Nano", einer ausgezeichneten Labor-Infrastruktur, die biogeochemische, isotopengeochemische und nanogeowissenschaftliche Versuche ermöglicht und vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung gestellt wurde. Die Forschungen sind ein österreichischer Beitrag zu den Aktivitäten der OECD bei der Entwicklung von neuen und der Adaption von vorhandenen Testverfahren für das Verhalten und die Risiken von Nanopartikeln.

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