DNA-Synthese mit bloßem Auge beobachten
Leibniz-Institut DSMZ führt neueste Sequenziertechnologie in die Diversitätsforschung ein
„Die schnelle und kostengünstige Analyse der Genomsequenzen von Mikroorganismen mit dem neuen Sequenzierer eröffnet uns in der Diversitätsforschung völlig neue Möglichkeiten“, erläutert Prof. Overmann, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ und Leiter der Forschungsgruppe Mikrobielle Diversität.
„Die geschätzte Zahl von Bakterien auf der Erde liegt zwischen einer Million und einer einer Milliarde. Sie sind nicht nur Krankheitserreger, sondern auch Produzenten wichtiger Wirkstoffe, spielen eine Rolle in globalen Stoffkreisläufen und sind relevant für das Verständnis der Entwicklung und Vielfalt des Lebens. Derzeit sind etwa 9.400 Bakterienarten beschrieben und es stehen nur etwa 2.000 vollständige oder nahezu vollständige Genomsequenzen von Bakterien für die Forschung zur Verfügung“, sagt er.
„Werden neuartige bakterielle Genome entschlüsselt, so können wir damit schließlich auch neue Genfunktionen aufdecken und das Zusammenspiel verschiedener Gene bei biologischen Vorgängen besser verstehen“, erklärt Prof. Overmann weiter. „Vollständige genomische Daten geben uns Informationen über mögliche Stoffwechselwege oder Wirkstoffe, die die Mikroben produzieren. Hier liegen noch große Potentiale für die Medizinische Forschung, die Umweltforschung und die Industrie.“
Wodurch unterscheidet sich die neue Sequenziertechnologie von gängigen Methoden? „Im Gegensatz zu den bislang verfügbaren Technologien, ist es mit dem PacBio RS erstmals möglich, einzelne DNA-Moleküle direkt zu sequenzieren. Der neuartige Sequenzierer liest die Abfolge, die sogenannte „Sequenz“ der DNS-Bausteine (Basen) in Echtzeit, und macht die Reaktion eines einzelnen Enzyms mit einem einzelnen DNS-Moleküls mit Hilfe eines Lasers sichtbar. Man kann sozusagen mit „bloßem Auge“ zuschauen, wie die DNS synthetisiert wird", sagt Prof. Overmann. „Ungewöhnlich große Fragmente genomischer DNS werden so in weniger als 1,5 Stunden sequenziert.“
Das Gerät kann im Schnitt mehr als 3.100 Basen ununterbrochen lesen und eine komplexe, mikrobielle Genomsequenzierung in einem Tag abschließen, die zuvor eine Woche oder länger dauerte. „So ist es zukünftig möglich, in nur acht Stunden etwa 300.000 bakterielle Sequenzen aus komplexen Proben zu analysieren. Das kann etwa bei einer Umweltbodenprobe mit einer geschätzten Zahl von 50.000 Bakterienarten die Frage schneller lösen, welche Bakterien eine Rolle für die Bodenfruchtbarkeit spielen“, erläutert Prof. Overmann.
Eine Herausforderung stellen die ungeheuren Datenmengen von etwa zwei Terabyte Rohdaten dar, die ein Sequenzierlauf mit der neuen Technologie erzeugt. Genug um zwei Festplatten modernster Computer zu füllen. Diese Datenflut wird mit Hilfe der Mathematik und Informatik und besonders leistungsstarken Rechnern von einem Team um Dr. Boyke Bunk, Bioinformatiker am Leibniz-Institut DSMZ, ausgewertet.
Ein neues Forschungsprojekt basierend auf der neuen Sequenzierplattform startete vor kurzem am Leibniz-Institut DSMZ. Die Wissenschaftlerin Dr. Cathrin Spröer analysiert verschiedene Stämme des Bakteriums Sphingomonas, welche durch ihre Fähigkeit bekannt sind, viele verschiedene, teils giftige Aromaten abzubauen und daher für Bodensanierungen eingesetzt werden könnten.
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