Bakterienwerkzeuge zum Algenabbau nachgewiesen

16.05.2012 - Deutschland

Mit neuen molekularbiologischen Untersuchungsmethoden konnten Wissenschaftler aus Greifswald und Bremen erstmals komplexe mikrobielle Vorgänge im marinen Lebensraum nachweisen und genauestens charakterisieren. Koordiniert durch Prof. Dr. Rudolf Amann vom Max-Plank-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen und Prof. Dr. Thomas Schweder von der Universität Greifswald wurden dazu in Kooperation mit dem Alfred Wegener Institut in Bremerhaven, Wasserproben aus der Nordsee untersucht.

In der freien Natur konkurriert eine Vielzahl von Mikroorganismen um begrenzt zur Verfügung stehende Nährstoffe. Die genaue Funktion vieler dieser Organismen, das heißt die Rolle, die sie in ihren jeweiligen Lebensräumen spielen, sowie ihre Beziehungen zu anderen Organismen im Ökosystem liegen jedoch noch völlig im Dunkeln. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit der in der Natur − ob im Meer (marin) oder auf dem Land (terrestrisch) − vorkommenden Bakterien nicht einfach im Labor kultiviert und untersucht werden kann.

Den Wissenschaftlern aus Greifswald und Bremen gelang es nun, am Beispiel einer Frühjahrs-Algenblüte vor Helgoland in der Nordsee einen direkten Blick auf die im Wasser vorkommenden Mikroorganismen und ihre Funktionen zu erlangen. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass sich die Zusammensetzung der Bakterienpopulation in der Wassersäule als Reaktion auf eine Algenblüte über einen längeren Zeitraum schrittweise aufgabenspezifisch verändert. Dadurch konnten wichtige Bakteriengruppen, die an der Zersetzung der von Algen produzierten Substanzen beteiligt sind, bestimmt und für den Abbau entscheidende Enzymfunktionen identifiziert werden.

Zunächst nutzten die Bremer Arbeitsgruppen hoch auflösende Techniken, um die mikrobielle Vielfalt und wesentliche Teile der Genomsequenzen der in der Wasserprobe vorhandenen Bakterien zu erfassen. So konnte ein Überblick über die mikrobielle Zusammensetzung der Proben gewonnen werden. Die Greifswalder Arbeitsgruppen nutzten anschließend sogenannte Metaproteomanalysen, um entscheidende Enzyme und Nährstoff-transportierende Proteine in den komplexen Zellgemischen der marinen Umweltproben zu identifizieren.

Diese genaue Zuordnung wurde möglich durch ultrasensitive massenspektrometrische Analysen im Labor von Privatdozentin Dr. Dörte Becher aus dem Arbeitskreis von Prof. Dr. Michael Hecker an der Universität Greifswald. Dadurch gelang ein detaillierter Einblick in die Enzymatik und die Stoffaufnahme beim Abbau von Algenbiomasse, den bisher größtenteils unbekannte marine Bakterien katalysieren.

Von der Metaproteomforschung wird in Zukunft ein besseres Verständnis der in der Natur vorkommenden Vielzahl an unbekannten Proteinfunktionen erwartet. Das schließt nicht nur die Untersuchung mariner und terrestrischer Mikroorganismen ein, sondern betrifft auch die Untersuchung des menschlichen Mikrobioms, also jener Mikroorganismen, die zum Beispiel in großer Zahl den Magen-Darm-Trakt des Menschen besiedeln. Entsprechende Analysen haben in den Greifswalder Arbeitsgruppen in Kooperation mit Kollegen der Universität Tel Aviv in Israel bereits begonnen.

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