Alzheimer: Neuartige Bilder von Ablagerungen im Gehirn
Über den Zusammenhang zwischen der Ablagerung von Eiweißen im Gehirn und der Ausprägung der Alzheimer-Krankheit ist trotz intensiver Forschung noch wenig bekannt. Nun haben australische Wissenschaftler die Anhäufung des beta-Amyloids (A-beta, Aβ) mit hoher Präzision sichtbar gemacht und mit dem Hirnvolumen und der geistigen Leistungsfähigkeit verglichen. „Die dabei festgestellten Zusammenhänge erleichtern die Vorhersage des Krankheitsverlaufs und könnten in Zukunft helfen, den optimalen Zeitpunkt für verschiedene Therapien zu ermitteln“, beurteilt Professor Richard Dodel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Co-Direktor der Klinik für Neurologie der Universität Marburg.
„Der Nutzen solcher bildgebender Verfahren für die Wissenschaft wird damit erneut eindrucksvoll belegt.“ Gleichzeitig betont er aber, dass sich diese Methoden noch im Forschungsstadium befänden. Er warnt vor einem Routineeinsatz dieser bildgebender Verfahren zur Früherkennung oder Risikoabschätzung bei Gesunden.
Krankheitsentstehung in Zeitlupe
Es dauert mehrere Jahrzehnte, bis Ablagerungen des Eiweißes A-beta im Gehirn das Gedächtnis und die geistige Leistungsfähigkeit so sehr beeinträchtigen, dass die Diagnose Alzheimer gestellt werden kann. Diesen langsamen Prozess im Detail zu verstehen, war Ziel der Australian Imaging Biomarkers & Lifestyle Forschungsgruppe (AIBL). Unter der Leitung von Colin Masters von der Universität Melbourne gewannen die Forscher 200 Freiwillige, die jeweils in Abständen von etwa 18 Monaten untersucht wurden. Teil dieser Untersuchungen war auch eine spezielle Art der Bildgebung, nämlich eine Positronenemissionstomografie (PET) zum Nachweis der „Pittsburgh compound B“. Diese Verbindung wird den Freiwilligen in die Blutbahn gespritzt und lagert sich im Gehirn an die A-beta-Plaques an, sodass deren Menge bestimmt werden kann. 145 Studienteilnehmer waren zu Beginn gesund gewesen, 36 hatten eine leichte kognitive Störung und 19 litten bereits unter der Alzheimer-Krankheit.
Geschwindigkeit der Ablagerungen verlangsamt sich
Mit ihren Untersuchungen konnte die AIBL-Gruppe einerseits bestätigen, dass Alzheimer-Patienten von Beginn an die meisten A-beta-Ablagerungen hatten, Gesunde den niedrigsten Wert aufweisen und Menschen mit leichten kognitiven Störungen dazwischen liegen. In der Nachverfolgung, die durchschnittlich fast vier Jahre dauerte, sammelte sich das A-beta bei 82 Prozent der Studienteilnehmer weiter an, bei den restlichen 18 Prozent aber nicht.
Zu den interessanten Ergebnissen zählt Professor Dodel, dass die Ablagerung des A-beta nicht gleichmäßig verläuft, sondern erst zunimmt, dann ein Plateau erreicht und schließlich wieder abnimmt. „Bemerkenswert ist auch, dass viele gesunde Personen bereits eine erhöhte Menge an Amyloid aufweisen, ebenso Patienten mit einer leichten kognitiven Störung, der MCI.“ Bei gesunden Personen, die A-beta schnell anhäuften, verschlechterte sich auch die geistige Leistungsfähigkeit schneller. Ist dagegen die Alzheimer-Krankheit erst einmal ausgebrochen, gibt es keinen Zusammenhang mehr zwischen einer hohen Menge von A-beta im Gehirn und der Abnahme des episodischen Gedächtnisses.
„Diese Beobachtungen werden Konsequenzen haben für die Planung klinischer Studien“, erwartet Dodel. Beispielsweise könnte man mittels PET-Scan Menschen auswählen, die A-beta schnell anhäufen. Schon lange, bevor es zu den ersten Gedächtnisproblemen kommt, könnte getestet werden, ob Arzneimittelkandidaten die Abbauprozesse verlangsamen. Erst die Zukunft wird zeigen, ob solch eine Strategie erfolgreich sein kann. Zeit zum Eingreifen aber bliebe genug, wie Masters und Kollegen berechnet haben: Vom Beginn der Ablagerungen bei gesunden Menschen bis zum Ausbruch der Alzheimer-Krankheit dauert es nämlich 31 Jahre, so die Schätzung der Australier.
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