Nanomaschinen als molekulare Pumpe
Foto/Copyright: Schimmelpfennig/CAU
Ziel des Sonderforschungsbereichs 677 an der CAU ist es, ingenieurtechnische Funktionen von Maschinen in unserer großen Welt auf der molekularen Ebene zu verwirklichen. Als Vorbild diente der Arbeitsgruppe um Professor Ulrich Lüning vom Otto Diels-Institut für Organische Chemie eine Pumpe, die eine bestimmte Gruppe von Bakterien (Halobakterien) nutzt. Das sind Mikroorganismen, die in Salzseen vorkommen. Bei diesen sorgt ein Farbstoff-Protein-Komplex (Bakteriorhodopsin) dafür, dass durch Lichtabsorption Protonen aus dem Cytoplasma nach außen transportiert werden. Der entstehende Protonen-Konzentrationsunterschied zwischen dem Cytoplasma und dem Außenmedium wird zur Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP) genutzt, dem wichtigsten Energieträger jeder Zelle.
Ähnlich wie das bakterielle Prinzip funktioniert das System der Kieler Wissenschaftler. Es besteht aus einem ringförmigen Molekül, das sich auf einer Achse hin und her bewegen (Rotaxan) und ein Proton aufnehmen kann. „Stopper“, größere Molekülgruppen an beiden Enden, verhindern, dass der Ring von der Achse fällt. Diese ist so konstruiert, dass der Ring auf einer Seite gehalten wird, um dort Protonen aufzunehmen. „An dieser Stelle haben wir Protonen hinzugegeben und durch Kernspinresonanzspektroskopie gesehen, dass der Ring anfing zu wandern“, sagt Lüning. Wie war das möglich? Der Ring nimmt ein Proton auf und ist folglich positiv geladen. Nun wird er von der Achse, die an dieser Stelle ebenfalls positive Ladung besitzt, abgestoßen und bewegt sich auf die andere Seite des Rotaxans.
Das Fernziel: Die Protonen werden auf einer Seite einer Membran mit Hilfe von Licht bereitgestellt. Das Rotaxan nimmt sie dann auf und transportiert sie auf die andere Seite, wo sie dann abgegeben werden. Beispielsweise bei Bestrahlung einer hinzugegebenen Fotosäure auf der Ringseite mit Licht kann sich dort der pH-Wert senken – ein Gefälle entsteht – und ein Proton wird an den Ring abgegeben. Dieser bewegt sich auf die andere Seite der Molekülverbindung, gibt dort das Proton ab und begibt sich wieder zurück in die Ausgangsposition, erklärt der Chemiker weiter. Dadurch werde die Protonenkonzentration auf der anderen Seite erhöht. Treibkraft zum Aufbau dieses Konzentrationsunterschieds wäre das eingestrahlte Licht.
„Dass unser Experiment funktioniert, zeigt, dass wir das Prinzip eines gezielten Protonentransports im natürlichen Vorbild, den Zellen, zunehmend verstehen und nachbauen können“, freut sich Lüning über die Studienergebnisse, die den ersten Teil dieses Projekts im Sonderforschungsbereich 677 erfolgreich abschließen. Nach sechs Jahren Entwicklungsarbeit, in denen drei Doktorarbeiten und eine Diplomarbeit fertig gestellt wurden, sind die Forscher jetzt sogar in der Lage, ihre molekularen Bauteile maßzuschneidern. Perspektivisch könnte das Prinzip auf einfachere Systeme übertragen werden und so neue Wege in der Energieerzeugung eröffnen.
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