Forscher entwickeln neuen Typ von Röntgenlinse
Prototyp der Lamellen-Linse erfolgreich bei DESY getestet
Frank Seiboth/TU Dresden
Mit hellen Röntgenquellen wie DESYs Anlage PETRA III durchleuchten Forscher vielfältige Materialien - von Biomolekülen über Solarzellen bis zu künstlichem Magma - und erkunden so deren innere Struktur. Für diese Untersuchungen ist es häufig nötig, das intensive Röntgenlicht zu fokussieren. "Bei der Röntgenmikroskopie wird die räumliche Auflösung oft durch die Röntgenoptik begrenzt und nicht wie bei der optischen Mikroskopie durch die Wellenlänge des verwendeten Lichts", erläutert Schroer, der wissenschaftlicher Leiter von PETRA III ist.
Röntgenstrahlung lässt sich nicht mit gewöhnlichen Linsen bündeln wie sichtbares Licht. Stattdessen benutzen Wissenschaftler zu diesem Zweck Speziallinsen, die gegenwärtig aus Silizium gefertigt werden. "Ein grundsätzliches Problem dieser Linsen ist jedoch die hohe Absorption der Strahlung innerhalb des Linsenmaterials", erläutert Dr. Gerald Falkenberg, Leiter der Messstation P06, an der die Tests stattfanden. "Das senkt die Helligkeit des Röntgenstrahls und verschlechtert die Auflösung des Röntgenmikroskops." Daher möchten Forscher die Linsen möglichst dünn und aus möglichst dichtem, aber röntgendurchlässigem Material konstruieren. Optimal wären Linsen aus Kohlenstoff in Form von Diamant.
Das Team um Schroer hat nun eine neue Bauform der Linsen ersonnen, die nicht mehr ein konkaves Profil bekommen, sondern aus feinen, gebogenen Lamellen aufgebaut sind. "Die Biegung der Lamellen sorgt dabei für die Bündelung des Röntgenlichts", erläutert Maria Scholz, die in ihrer Diplomarbeit diese Linsen erforscht hat. Die Lamellen bestehen zunächst weiter aus Silizium, das mit einem dichteren, aber röntgendurchlässigeren Material beschichtet wird. Das hat den Vorteil, dass sich die sehr weit entwickelte Siliziumtechnologie zur Fertigung nutzen lässt und gleichzeitig neue Materialien durch technologisch einfacher realisierbare Beschichtungsverfahren aufgebracht werden können.
Für den Prototyp beschichteten die Forscher die Lamellen mit Aluminiumoxid, das röntgenoptisch bereits wesentlich besser ist als Silizium. "Später sollen die Lamellen dann mit dem deutlich röntgendurchlässigeren Kohlenstoff beschichtet werden", berichtet Frank Seiboth von der TU Dresden, Erstautor des Fachartikels. "In einem weiteren Schritt soll das Silizium entfernt werden, so dass nur noch Diamantlamellen übrigbleiben."
Der Aluminiumoxid-Silizium-Prototyp konnte im Test das helle Röntgenlicht von PETRA III auf einer Fläche von 164 mal 296 Nanometern bündeln. Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter. Das Röntgenfleckchen war damit rund 50.000 Mal kleiner als der Querschnitt eines menschlichen Haars. Zwar ist es mit anderen Linsen bereits gelungen, das Röntgenlicht noch deutlich stärker zu fokussieren. Aber der Test des Prototyps belegt eindrucksvoll, dass der neuartige Linsenaufbau wie gewünscht funktioniert.
"Der Prototyp erreicht die optimale rechnerische Fokussierung bereits bis auf einen Faktor 2", berichtet Schroer. Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop zeigen Unregelmäßigkeiten in der Dicke der Lamellen, die diese Abweichung gut erklären. Das lässt sich mit vorhandener Technik optimieren. "Wir sind zuversichtlich, dass eine reine Diamantlinse am Ende eine Fokussierung von bis zu 17 mal 28 Nanometern erreichen kann und dabei bis zu 35 Prozent des Röntgenlichts passieren lässt - das ist die zehnfache Transmission einer reinen Siliziumlinse."
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