Batterieforschung: Wachstum zerstörerischer Ablagerungen in Echtzeit beobachten
Das Aufkommen des Lithium-Ionen-Akkus hat die rasanten Fortschritte bei der Entwicklung tragbarer Elektrogeräte wie Notebook, Smartphone und Tablet-PCs überhaupt erst möglich gemacht. Doch die Bezeichnung greift eigentlich zu kurz. Denn die Anoden heutiger Lithium-Ionen-Akkus bestehen nicht aus Lithium, wie man meinen könnte, sondern in der Regel aus Graphit. Lithium ist nur im flüssigen Elektrolyten und in der Kathode enthalten, dabei würde seine Verwendung als Anodenmaterial die Energiedichte schlagartig erhöhen.
„Lithium ist sehr leicht und hat gleichzeitig ein hohes elektronegatives Potenzial, sodass sich mit einer entsprechenden Anode die Energiedichte von Lithium-Ionen Akkus um 50 Prozent steigern lässt. Das ist schon enorm, wenn man bedenkt, dass heutige Lithium-Ionen-Akkus bereits eine mehrere Jahrzehnte lange Entwicklungsgeschichte hinter sich haben und daher schon ziemlich ausgereift sind“, berichtet Prof. Rüdiger-A. Eichel, Direktor am Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-9). Auch der Erfolg weiterer Batterien der Zukunft wie Lithium-Schwefel- oder Lithium-Luft-Akkus hängt entscheidend davon ab, dass es gelingt, Lithium als Anodenmaterial für wiederaufladbare Batterien zu erschließen.
Problematisches Lithium
Doch die Nutzung einer Lithium-Anode, einige sprechen auch vom „Heiligen Gral der Batterieforschung“, ist mit einigen Herausforderungen verbunden, allen voran der Bildung von porösem Lithium. Das Metall geht beim Entladen der Batterie in ionisierter Form von der Anode in die flüssige Elektrolyt-Lösung über. Beim Laden dreht sich dieser Vorgang im Prinzip um, wobei sich das Lithium oftmals in Form einer porösen Schicht ablagert. Diese Schicht kann den elektrischen Kontakt zur Anode verlieren und nimmt dann nicht mehr aktiv an den Lade- und Entladeprozessen teil. Das beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Batterie und zehrt auf Dauer am Anodenmaterial. Die Ablagerungen können auch einen Kurzschluss herbeiführen oder Schutzschichten durchbrechen und somit zum Zerstören – und im schlimmsten Fall sogar zur Explosion – des Akkus führen.
Zerstörungsfreie Messung
Die Entwicklung von Gegenmaßnahmen setzt voraus, dass Wissenschaftler die ablaufenden Prozesse im Detail nachvollziehen können. „Mit der Elektronenspinresonanz-Spektroskopie haben wir ein neues Verfahren gefunden, mit dem wir in Echtzeit mitverfolgen können, wie sich das poröse Lithium an der Anode bildet und teilweise auch wieder abgetragen wird“, erläutert Dr. Josef Granwehr. „Mit den gängigen Methoden ließen sich bisher nur einzelne Schnappschüsse erstellen, indem die Vorgänge unterbrochen und die Zellen zu bestimmten Zeitpunkten geöffnet wurden“, so der Jülicher Wissenschaftler, der den experimentellen Aufbau mitentwickelt hat.
Für die Untersuchung nutzten die Forscher eine spezielle, stiftförmige Batteriezelle, die Wissenschaftler der TU München eigens für die Echtzeit-Messungen im EPR-Spektrometer entworfen haben. Das Verfahren ist eng verwandt mit der Kernspinresonanz (NMR)-Spektroskopie. Anders als bei dieser werden jedoch nicht die Kerne der Atome, sondern die äußeren Leitungselektronen durch elektromagnetische Wellen angeregt. „Mittels Elektronenspinresonanz lassen sich insbesondere feine Oberflächenstrukturen und dünne Schichten sehr gut erfassen. Das liegt zum einen daran, dass sich die Elektronen sehr gut anregen lassen, stärker als die vergleichsweise schweren Atomrümpfe bei der Kernspinresonanz. Zum anderen wird mit deutlich kleineren Wellenlägen im Mikrowellenbereich gearbeitet, die nicht so tief in das Lithium eindringen“, erläutert Granwehr.
Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Energy & Environmental Science“ der britischen Royal Society of Chemistry erschienen. Die Forscher arbeiten nun daran, die Methode auch auf andere Fragestellungen in der Batterieforschung anzuwenden.
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