Einzelne lebende Zellen anzapfen
Neue Technik könnte «Einzel-Zell-Analysen» revolutionieren
ETH Zürich
ETH Zürich / Orane Guillaume-Gentil
Forschende der ETH Zürich haben eine Methode entwickelt, um einzelne lebende Zellen mit einer Mikro-Injektionsnadel anzupiksen und deren Inhalt auszusaugen. Angewandt werden kann die Technik etwa bei Zellkulturen, um das Innere der Zellen zu untersuchen. Sie ermöglicht, auf molekularer Ebene Unterschiede zwischen einzelnen Zellen zu erkennen und damit auch seltene Zelltypen zu finden und zu analysieren. «Unsere Methode erweitert das Repertoire der biologischen Forschung enorm. Wir öffnen quasi ein neues Kapitel», sagt Julia Vorholt, Professorin am Departement Biologie.
So hat die Methode zahlreiche Vorteile: Es ist mit ihr möglich, einzelne Zellen einer Gewebekultur direkt in der Zellkulturschale zu beproben. «Wir können somit der Frage nachgehen, wie eine Zelle im Zellverband ihre Nachbarzellen beeinflusst», sagt Orane Guillaume-Gentil, Postdoc in der Gruppe von Vorholt. Mit bisherigen Standardmethoden wären solche Untersuchungen nicht möglich, da für molekulare Analysen die Zellen eines Verbands in der Regel voneinander getrennt, in Lösung gebracht und zerstört werden.
Beprobte Zellen bleiben am Leben
Ausserdem lässt sich die Mikronadel so genau steuern, dass die Wissenschaftler gezielt entweder den Inhalt des Zellkerns oder die den Zellkern umgebende Flüssigkeit, das Cytosol, anzapfen können. Und schliesslich können die Forschenden extrem präzis bestimmen, welche Menge Zellinhalt sie absaugen – bis auf einen Zehntel Pikoliter genau (auf einen Zehnmilliardstel eines Milliliters). Zum Vergleich: Das Volumen einer Zelle ist zehn- bis hundertmal grösser.
Mit der Mikronadel angezapfte Zellen bleiben am Leben. Dadurch können die Forschenden ein und dieselbe Zelle mehrmals beproben und deren RNA und Proteine – sowie in Zukunft möglicherweise auch Stoffwechselprodukte – analysieren. «Dass die von uns untersuchten Zellen selbst dann überlebten, als wir mit der Nadel einen Grossteil ihres Cytosols extrahierten, überraschte uns», sagt ETH-Professorin Vorholt. Dies untermaure jedoch, wie erstaunlich anpassungsfähig biologische Zellen seien.
Anwendungen erweitert
Die neue Zellextraktionsmethode basiert auf dem in den vergangenen Jahren an der ETH Zürich entwickelten Mikroinjektionssystem FluidFM, das als «kleinste Injektionsnadel der Welt» gilt. Damit konnten Biologen schon bisher Stoffe in einzelne Zellen injizieren. Ebenfalls eignete sich FluidFM und dessen Mikronadel, um Zellen mit Unterdruck sanft anzuheben und sie umzuplatzieren.
Um nun auch Stoffe aus Zellen extrahieren zu können, entwickelten Vorholt und ihre Gruppe das System weiter. «Besonders wichtig war, für die Nadel eine geeignete Beschichtung zu finden, damit sich keine Zellinhaltsstoffe darin ablagern», sagt Guillaume-Gentil. Ausserdem galt es, die Analysetechniken für die Zellinhaltsstoffe – etwa solche zur Messung der Aktivität von Enzymen – an die winzigen Messvolumen anzupassen. Die Weiterentwicklung des Systems erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Forschern um Tomaso Zambelli, Privatdozent am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik der ETH Zürich, mit Martin Pilhofer, Professor am Institut für Molekularbiologie und Biophysik, sowie mit dem ETH-Spin-off Cytosurge, welches die FluidFM-Technik vermarktet.
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Die Zellanalyse ermöglicht es uns, Zellen in ihren vielfältigen Facetten zu erforschen und zu verstehen. Von der Einzelzellanalyse über die Durchflusszytometrie bis hin zur Bildgebungstechnologie – die Zellanalyse bietet uns wertvolle Einblicke in die Struktur, Funktion und Interaktion von Zellen. Ob in der Medizin, der biologischen Forschung oder der Pharmakologie – die Zellanalyse revolutioniert unser Verständnis von Krankheiten, Entwicklung und Behandlungsmöglichkeiten.
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