Antibiotika-Resistenzen: Laborärzte warnen vor Fokussierung auf Schnelltests

24.08.2016 - Deutschland

„Qualität vor Schnelligkeit“ in der Strategie gegen überflüssige Antibiotika-Gaben fordern der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) und die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL). Die einseitige Fixierung des geplanten Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) auf medizinische Schnelltests in der Praxis (POCT) sei durch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse nicht zu rechtfertigen. Darauf wiesen beide Organisationen anlässlich der Verbändeanhörung im Bundesgesundheitsministerium hin.

BDL/Labor Lübeck, 0696

Unverzichtbare Technik: Aufwändige Geräte ermöglichen präzise Diagnostik.

Der Gesetzgeber will mit dem AM-VSG unter anderem erreichen, dass Ärzte Antibiotika zielgerichteter einsetzen sowie überflüssige und damit resistenzfördernde Antibiotika-Gaben vermieden werden. Dabei kommt den Fachärzten für Laboratoriumsmedizin eine Schlüsselrolle zu, da in ihren Laboratorien schnell und zuverlässig entschieden werden kann, ob es sich um eine virale oder eine bakterielle Infektion handelt. Bei viralen Infektionen zeigen Antibiotika keine Wirkung. Der Gesetzentwurf zielt auf die Durchführung von POCT vor der Verschreibung von Antibiotika.

„Im Vergleich zu herkömmlichen Laboruntersuchungen zeigen viele POCT-Methoden eine deutlich schlechtere Qualität und dies zu vielfach höheren Kosten“, warnt der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL). Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) weist darauf hin, das gesetzliche Vorgaben zu notwendigen Testung vor einer Antibiotikagabe in die Therapiefreiheit der behandelnden Ärzte eingreifen und insbesondere kleine Praxen benachteiligen würden.

Der Präsident der DGKL, Professor Dr. Berend Isermann, betonte, dass in Deutschland ein flächendeckendes System für die Diagnostik vorhanden ist und in den meisten Praxen die Laborbefunde sehr schnell verfügbar sind.

Der BDL-Vorsitzende Dr. Andreas Bobrowski stellte zudem fest, dass gerade bei häufig vorkommenden Erkrankungen wie Harnwegsinfekten, einer unkomplizierten Sinusitis sowie der Messung des Differentialblutbildes und der Chlamydien-Diagnostik POCT keine Rolle spielten. Er betonte, dass für POCT-Testungen vergleichbare Qualitätsstandards wie im medizinischen Labor gelten müssen. Anderenfalls könne dies für Patienten bedeuten, dass sie bei einer Fehlbestimmung nicht die notwendige Therapie erhalten oder Gesunde fälschlich einer Therapie zugeführt werden.

Auch die Bundesärztekammer hatte sich in ihrer Stellungnahme ähnlich geäußert und diagnostische Tests gefordert, „deren klinische Relevanz … in geeigneten klinischen Studien bereits validiert wurde.“

Um zu sachgerechten Lösungen zu kommen, schlagen BDL und DGKL eine Expertenanhörung aus den Reihen der beiden von der Bundesärztekammer benannten Ringversuchsinstitute, dem Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB) und INSTAND, zur seriösen Beurteilung der verfügbaren Tests vor. Die in dieser Anhörung gewonnenen Erkenntnisse könnten dann in Form entsprechender Qualitätskriterien in das Gesetz aufgenommen werden.

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