Kernspinresonanz: hohe Sensitivität auf engem Raum
Nils Spengler, KIT
Der physikalische Effekt der Nuklearen Magnetischen Resonanz (NMR) ermöglicht es, molekulare Eigenschaften von Materie zu untersuchen. Dabei befindet sich die Probe in einem starken konstanten Magnetfeld und wird mit einem hochfrequenten magnetischen Wechselfeld bestrahlt. Sowohl die Magnetresonanztomografie (MRT), ein bildgebendes Verfahren in der medizinischen Diagnostik zur Darstellung der Struktur und Funktion von Geweben und Organen, als auch die NMR-Spektroskopie, ein Verfahren zur Analyse der Struktur und Dynamik von Molekülen in Biologie, Biochemie, Chemie, Physik und Materialwissenschaften, basieren auf der Kernspinresonanz. Allerdings steht die Forschung vor der Herausforderung, das ungünstige Signal-Rausch-Verhältnis stetig zu verbessern und so die Sensitivität der NMR-Messungen zu steigern. „Eine hohe Sensitivität ist vor allem dann unabdingbar, wenn wir es mit massen- und volumenbegrenzten Methoden zu tun haben oder wenn eine hohe räumliche Auflösung gefordert ist“, erklärt Professor Jan Gerrit Korvink, Direktor am Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT) des KIT und Leiter der Gruppe „Magnetic Resonance Microscopy and Related Topics“.
Bei NMR-Messungen an kleinen Proben haben sich miniaturisierte Hochfrequenzspulen zur Erzeugung und zum Empfang des magnetischen Wechselfelds bewährt. Für mobile Anwendungen und zur weiteren Miniaturisierung hat ein internationales Forscherteam nun eine neue Methode zur Steigerung der Sensitivität auf engstem Raum entwickelt: Sie nutzen magnetische Linsen, sogenannte Lenz-Linsen, um den magnetischen Fluss einer makroskopischen Hochfrequenzspule auf ein kleineres Volumen zu fokussieren und die Empfindlichkeit lokal zu erhöhen. Mit diesen Linsen – benannt nach der von dem Physiker Emil Lenz veröffentlichten Regel über die magnetische Flussänderung – lässt sich der magnetische Fluss des Wechselfelds nicht nur fokussieren, sondern auch umleiten oder umformen. Ihre Wirkung lässt sich insofern mit der von optischen Linsen auf Lichtstrahlen vergleichen. Der Wechsel des Magnetfelds induziert einen Strom in die Lenz-Linsen, die aus Metallplatten oder –drähten in symmetrischer oder asymmetrischer Anordnung bestehen. Die Form der Linsen lenkt die induzierten Ströme so, dass eine Fokussierung des Magnetfelds bewirkt wird.
Mit Lenz-Linsen lässt sich die Empfindlichkeit der Messungen in eng begrenzten Räumen, in die konventionelle NMR-Systeme nicht hineinpassen, deutlich steigern. Die Linsen funktionieren zudem bei beliebiger Feldstärke. Unter anderem können verschiedene medizinische Anwendungen vom Einsatz der Lenz-Linsen profitieren, wie Korvink berichtet: „Da die Linsen nicht verdrahtet sind, eignen sie sich besonders gut für Implantationsanwendungen.“ Denkbar ist beispielsweise die Anwendung in Hirnimplantaten, bei denen die Heilung des Gewebes über längere Zeit mit hoher Auflösung beobachtet werden muss, oder auch auf Pflastern zur Beobachtung von Hautkrebs. Derzeit erschließen die Forscher weitere Anwendungsmöglichkeiten, unter anderem in der Elektrotechnik.
Professor Jan Gerrit Korvink hat gemeinsam mit Dr. Nils Spengler, Professorin Ulrike Wallrabe, Dr. Peter T. While und Markus V. Meissner sowohl den Einsatz von Lenz-Linsen in NMR-Messungen experimentell demonstriert als auch das zugrunde liegende Prinzip mathematisch formuliert. Ihre Ergebnisse präsentieren die Wissenschaftler der Universität Freiburg, der Universitätsklinik Trondheim/Norwegen und des KIT.
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Analytik- und Labortechnik-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Analytik und Labortechnik bringt Sie jeden Dienstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Diagnostik
Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
Themenwelt Diagnostik
Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
Themenwelt Spektroskopie
Durch die Untersuchung mit Spektroskopie ermöglicht uns einzigartige Einblicke in die Zusammensetzung und Struktur von Materialien. Von der UV-Vis-Spektroskopie über die Infrarot- und Raman-Spektroskopie bis hin zur Fluoreszenz- und Atomabsorptionsspektroskopie - die Spektroskopie bietet uns ein breites Spektrum an analytischen Techniken, um Substanzen präzise zu charakterisieren. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Spektroskopie!
Themenwelt Spektroskopie
Durch die Untersuchung mit Spektroskopie ermöglicht uns einzigartige Einblicke in die Zusammensetzung und Struktur von Materialien. Von der UV-Vis-Spektroskopie über die Infrarot- und Raman-Spektroskopie bis hin zur Fluoreszenz- und Atomabsorptionsspektroskopie - die Spektroskopie bietet uns ein breites Spektrum an analytischen Techniken, um Substanzen präzise zu charakterisieren. Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Spektroskopie!