So wie der elektrische Strom mittlerweile unverzichtbar für das reibungslose Funktionieren unserer Zivilisation ist, sind exakt aufeinander abgestimmte Protonen-Ströme verantwortlich für die präzise Regulation von Prozessen in lebenden Zellen. Dr. Florian Garczarek und Prof. Dr. Klaus Gerwert vom Lehrstuhl für Biophysik der RUB konnten zeigen, dass Proteine durch Anwendung der grundlegenden Prinzipien des Protonen-Transports in Wasser einen extrem schnellen und gezielten Protonen-Transport in Zellen ermöglichen. Die Frage, wie Protonen in Wasser geleitet werden, hat viele renommierte Physikochemiker angezogen; ein prominent unter ihnen ist Manfred Eigen. Er konnte diese seinerzeit "unmessbar" schnellen Reaktionen in den 1960er-Jahren zum ersten Mal auflösen und wurde dafür mit dem Nobelpreis geehrt. Um die Frage zu beantworten, wie die viel komplexer aufgebauten Proteine die Protonen leiten, untersuchten die Forscher den durch Licht ausgelösten Protonenpumpmechanismus des Bakteriorhodopsins. Bakteriorhodopsin kann Licht absorbieren und in gezielte Protonentransfer-Reaktionen umsetzten: Die ein Proton umhüllenden Wassermoleküle in flüssigem Wasser werden im Protein, wie in der Arbeit gezeigt werden konnte, gezielt durch Aminosäuren ersetzt. Eine dieser Aminosäuren, Arg 82, wird dann definiert vom Protein in einem ganz bestimmten Arbeitsschritt bewegt. Im Wasser ist der Protonentransfer durch zufälliges Ablösen eines Wassermoleküls aus der Hydratschale bestimmt. Im Protein wird dieser Prozess durch eine gezielte Bewegung einer Aminosäure zu einem genauen Zeitpunkt induziert. Somit können Proteine sehr schnell und sehr gezielt die leicht beweglichen Protonen transportieren. Prof. Gerwert und sein Team konnten den lichtgetriebenen Protonenpumpmechanismus des Bakteriorhodopsins dank eigens entwickelten spektroskopischen Methode untersuchen. "Diese sog. zeitaufgelöste trFTIR-Methode erlaubt es, Prozesse in Proteinen quasi wie mit einer Videokamera aufzunehmen", erläutert Gerwert. "Aber erst die interdisziplinäre Kombination dieser innovativen physikalischen Methode mit modernsten genetischen Methoden konnte alle bisherigen Widersprüche über den Protonentransportmechanismus, die unter Wissenschaftlern weltweit diskutiert wurden, klären." Originalveräffentlichung: F. Garczarek, L.S. Brown, J.K. Lanyi, K. Gerwert; "Proton binding within a membrane protein by a protonated water cluster"; PNAS 2005, 102, 3633-3638.