Winzigen "Einzeltätern" auf der Spur: Erkennung von Keimen in Reinräumen

16.03.2005

In einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Industrie haben Prof. Dr. Jürgen Popp und seine Mitarbeiter vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Jena die Grundlagen für eine neuartige Technologie erforscht und umgesetzt, die gefährliche Keime in der Luft oder im Wasser vor Ort und ohne Zeitverlust erkennen kann. In Kooperation mit der Universität Freiburg, der Berliner Schering AG und den Firmen Kayser-Threde GmbH (München) und rapID Particle Systems GmbH (Berlin) entstand ein Gerät, das Luftverunreinigungen schnell und eindeutig identifizieren kann.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für diese technische Innovation wurde von den Jenaer Forschern in der Fachzeitschrift "Applied Enviromental Microbiology" veröffentlicht. Darin beschreiben die Physikochemiker eine spezielle Spektroskopiemethode zur Unterscheidung und Identifizierung einzelner Bakterienzellen, die z. B. als Verunreinigung in Reinräumen in der Lebensmittel- oder Medikamentenproduktion großen Schaden anrichten können. "Wir sind mit dieser Methode und deren computergestützter Auswertung in der Lage, verschiedene Bakterienarten mit einer Trefferquoten von bis zu 93 Prozent zu unterscheiden", berichtet Dr. Petra Rösch aus der Arbeitsgruppe von Prof. Popp.

"Bisher konnte man Bakterien meist nur nach einer Kultivierung auf Nährböden unterscheiden", erläutert Prof. Popp. "Das nahm mindesten einen, in der Regel aber mehrere Tage in Anspruch". In seiner Arbeitsgruppe wird dagegen Raman-Spektroskopie verwendet. Man erhält so Informationen über die Schwingungen eines Moleküls, deren Streuungsmuster eine Art Fingerabdruck liefern, der eindeutig dem Molekül zuzuordnen ist. Da jede Bakterienoberfläche eine ganz spezielle Zusammensetzung hat, kann man mit Raman-Spektroskopie auch "Fingerabdrücke" der Mikroben erhalten. "Die Unterschiede sind allerdings so gering, dass die Spektren nicht mit bloßem Auge ausgewertet werden können", betont Dr. Rösch.

Hier kommen die Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Mustererkennung und Bildverarbeitung der Uni Freiburg ins Spiel. Sie haben eine computergestützte Rechenmethode, die normalerweise dazu verwendet wird, von Sicherheitskameras aufgezeichnete Fotos zu analysieren, an die speziellen Anforderungen der Spektrenauswertung angepasst. Mit ihrer Hilfe können nach den Prinzipien der Mustererkennung die einzelnen Spektren einer Bakterienart zugewiesen werden. "Allerdings müssen wir dazu den Computer erst einmal mit einer großen Menge Daten füttern, damit er Vergleichsmöglichkeiten hat", erläutert Dr. Rösch. "Denn die Bakterien können sich geringfügig verändern, je nachdem, auf welchen Nährböden und bei welcher Temperatur sie wachsen." Langfristiges Ziel der Arbeiten ist der Aufbau einer Datenbank, in die Spektren möglichst vieler unter unterschiedlichen Bedingungen gewachsener Organismen eingehen. "Dann werden Probennahme, Spektroskopievorgang und Auswertung direkt vor Ort stattfinden können", betont Rösch.

Ab kommenden Frühjahr wird die Berliner Schering AG die Methode in ihren Reinräumen testen. Das entsprechende Gerät haben die Firmen Kayser-Threde GmbH (München) und rapID Particle Systems GmbH, Berlin, gebaut und in enger Abstimmung mit den Wissenschaftlern in Jena und Freiburg weiterentwickelt Die Untersuchungen fanden im Rahmen des Projektes "OMIB" ("Online Monitoring und Identifizierung von Bioaerosolen") statt, das Teil des bundesweiten Forschungsschwerpunktes Biophotonik ist. In diesem vom Bundesforschungsministerium (BMBF) und dem Verband Deutscher Ingenieure (VDI) geförderten Schwerpunkt arbeiten zahlreiche Wissenschaftler aus Forschung und Industrie an innovativen optischen Technologien zur Lösung aktueller Probleme aus Medizin, Biotechnologie und Umweltwissenschaften.

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