Kisseneffekt und lockere Bindungen
Wenn Moleküle steuern und schalten
Das Hauptproblem bei der Herstellung organischer Elektronik liegt darin, Metall- (Elektroden) und Molekülstrukturen (Halbleiter) aneinander anzupassen. Dies betrifft vor allem die elektronischen Niveaus an der Grenzfläche zwischen Elektronik und Organik. Um diese Prozesse besser zu verstehen, haben die Bochumer Forscher gemeinsam mit Kollegen der University of North Texas neue, sehr genaue Rechenverfahren entwickelt, durch die sie auf das Wirken des sog. Kisseneffekts ("cushion-effect") aufmerksam wurden: Die Elektronen des Metalls werden durch das organische Molekül seitlich weggedrückt, was im Metall ein elektrisches Feld erzeugt (Dipol), wodurch sich die elektronischen Zustände verschieben. Damit verändert sich auch die Austrittsarbeit, d.h. die Energie, die nötig ist, damit ein Elektron vom Metall in den Halbleiter wandert. Bislang wurde angenommen, dass die Austrittsarbeit bei schwachen Wechselwirkungen zwischen Metallen und organischen Molekülen unverändert bleibt.
Ebenso wichtig ist es, zu wissen, wie sich die Elektronen im Halbleiter weiter bewegen. Mithilfe eines neuen Großgeräts, das Rastertunnelmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie kombiniert, stellten die Forscher in der Nähe der Elektroden Verarmungszonen fest, in denen kaum Moleküle vorhanden waren, während sie sich direkt auf den Elektroden häuften. Hier störte die van-der-Waals-Wechselwirkung den Elektronenfluss. Durch Aufbringen von selbstanordnenden Monolagen (Self Assembled Monolayer: SAM) konnte diese Wechselwirkung weitgehend aufgehoben werden. Weiterhin deuten erste Erfolge darauf hin, dass sich Defekte an den Elektroden und innerhalb des organischen Halbleiters - wie beim Silizium auch - durch Arbeiten mit Einkristallen (hier Kristallite) weitgehend ausschließen lassen. Zudem zeigte sich, dass die Beweglichkeit der Ladungsträger bei niedrigen Temperaturen deutlich größer wird und dass auch bei organischen Halbleitern Bandleitung auftritt.
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