Mikrobiologen entschlüsseln Genom des Bakteriums Azoarcus

Wichtiger Schritt auf dem Weg zum umweltfreundlichen Reisanbau

25.10.2006

Seit mehreren Jahren erforschen Professorin Barbara Reinhold-Hurek und ihr Mann Dr. Thomas Hurek vom Laboratorium für Allgemeine Mikrobiologie der Universität Bremen die optimalen Wuchsbedingungen von Reispflanzen. Insbesondere ist von Interesse, wie endophytisch lebende Mikroorganismen das Pflanzenwachstum beeinflussen. Ihr Ziel ist es, den Reisanbau umweltfreundlicher, ertragreicher und kostengünstiger als bisher zu gestalten. Dabei ist den Wissenschaftlern aus der Hansestadt jetzt ein Durchbruch gelungen: Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Genomforschungsnetzwerks, das von Professor Alfred Pühler (Universität Bielefeld) koordiniert wird, wurde das Genom des Bakteriums Azoarcus Stamm BH72 entschlüsselt. Das genaue Wissen um die genetische Beschaffenheit des Bakteriums erleichtert dem Forscher-Ehepaar die Arbeit bei dem Versuch, den Zusammenhang zwischen dem Bakterium und der Nährstoffversorgung der Reispflanze zu enträtseln.

Reisproduzenten setzen vor allem auf intensive Düngung mit Stickstoff, um den Ertrag pro Hektar in die Höhe zu treiben. Die intensive Düngung hat allerdings auch erhebliche Nachteile. So ist der Energieaufwand bei der synthetischen Herstellung des Kunstdüngers enorm hoch. Bei steigenden Preisen für Energien wie Öl oder Gas wird auch der Dünger immer teurer.

Zusammen mit seiner Frau hat Mann Dr. Thomas Hurek schon vor Jahren eine Entdeckung gemacht, die dieses Problem lösen könnte. Im pakistanischen Kallar-Gras fanden die Wissenschaftler das Bakterium Azoarcus Stamm BH72. Es versorgt die Pflanze mit Nährstoffen, indem es Stickstoff aus der Luft in den Wurzeln in Ammonium umwandelt - und Ammonium hat düngende Wirkung. Dieses Bakterium lebt interessanterweise auch in dieser Nutzpflanze in symbiotischem Einklang. Weil es seinen Wirt nicht zerstört, wird es als Endophyt bezeichnet.

Das Interesse an der entschlüsselten Genomsequenz des Bakteriums resultierte aus dem Bestreben, ein System von passenden Partnern für verschiedene Reissorten und das Bakterium zu bilden. "Dazu müssen wir aber viele Fragen beantworten, auf die wir noch keine Antworten haben", sagt Barbara Reinhold-Hurek. "Wie gelangt das Bakterium in die Pflanze? Was beschränkt eine erfolgreiche Besiedlung? Gibt es je nach Wirt Unterschiede? Warum ist die Bakteriendichte in den Pflanzen so ungewöhnlich hoch, und warum erkrankt die Pflanze nicht daran?" Man wolle mehr über das "molekulare Zwiegespräch" zwischen Pflanze und Bakterium wissen - "und da bot uns die moderne Genomforschung Vorteile, weil das Genom des Reis bereits entschlüsselt ist!"

Weil nun auch das Bakterium als Partner lückenlos bekannt ist, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Über Mutationsanalysen lassen sich schnelle Fortschritte erzielen. "Wir können jetzt einzelne Gene einfach an- und abschalten und schauen, was passiert", erläutert die Wissenschaftlerin. "Die Genomentschlüsselung hat gezeigt, dass Endophyten sozusagen entwaffneten Pflanzen-Krankheitserregern ähneln." Herausgefunden wurde bereits, dass das Bakterium kaum Enzyme produziert, die normalerweise schädigende Wirkung auf Pflanzen haben. Auch andere Faktoren, die mögliche Erkrankungen der Pflanze begünstigen können, sind bei diesem Zusammenspiel von Bakterium und Wirt nicht vorhanden. "Viele Krankheitserreger von Menschen und Pflanzen haben normalerweise regelrechte 'Giftspritzen', mit denen sie Eiweiße aus den Bakterien in ihre Wirte injizieren", erläutert Thomas Hurek - "unser Bakterium nicht."

Originalveröffentlichung: Nature Biotechnology 2006.

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