Ein Blick ins Herz - Forscher entwickeln neue bildgebende Verfahren
Herzerkrankungen sind die häufigste Todesursache in Industrieländern. Zu ihrer Diagnose gibt es verschiedene Verfahren, die häufig invasiv sind, also einen Eingriff in den Körper nötig machen. Der SFB 656 entwickelt nicht-invasive molekulare Methoden, bei denen zum Beispiel Entzündungsherde im Körper durch fluoreszierende oder radioaktive Markermoleküle, so genannte Tracer, sichtbar gemacht werden. Wissenschaftler aus Medizin, Physik, Chemie und Pharmazie, Mathematik und Informatik arbeiten eng zusammen, um neue molekularen Tracer zu entwickeln, die technischen Methoden der Bildgebung zu verbessern und die Befundauswertung durch Computerprogramme zur dreidimensionalen Visualisierung zu optimieren. Die neuen Verfahren werden zunächst an Mäusen getestet, die ähnliche Krankheitssymptome wie menschliche Patienten zeigen, zum Beispiel Verengungen der Herzkranzgefäße oder Herz-Muskel-Erkrankungen. Der Test am Mausmodell ist Voraussetzung dafür, dass die Methoden später auch am Menschen angewandt werden können.
Nach einem Herzinfarkt stirbt Herzmuskelgewebe ab - die Zellen erleiden den programmierten Zelltod. Dabei bilden die Zellen selbst bestimmte Enzyme, so genannte Caspasen, die zu ihrem Absterben führen. Die Forscher haben einen speziellen Tracer entwickelt, der die Caspasen erkennt und mit ihnen eine Bindung eingeht. Der Tracer selbst ist mit einem Gamma-Licht emittierenden Radionuklid markiert, das mit dem nuklearmedizinischen Verfahren "Positronen-Emissions-Tomographie" (PET) visualisiert werden kann. "Durch die intravenöse Injektion des Tracers wollen wir die absterbenden Zellen im menschlichen Herzen sichtbar machen", so die Vision von Teilprojektleiter Dr. Klaus Kopka. Zur Zeit befindet sich die Entwicklung in der vorklinischen Phase, bei der sie am Mausmodell getestet wird.
Die Daten, die durch bildgebende Verfahren wie die PET oder die Computertomographie (CT) gewonnen werden, können am Computerbildschirm in Form eines dreidimensionalen Bildes für die Forscher sichtbar gemacht werden. Mediziner können so Knochen und Organe, zum Beispiel das menschliche Herz, Schicht für Schicht und aus jedem beliebigen Blickwinkel untersuchen. Die CT liefert Bilder mit einem hohen räumlichen Auflösungsvermögen, die PET macht Stoffwechselprozesse auf molekularer Ebene sichtbar. Eine Kombination von Datensätzen verschiedener bildgebender Verfahren wie CT und PET durch spezielle Computerprogramme erzeugt Bilder, die eine Fülle von Informationen enthalten und zum Beispiel in der Diagnostik eingesetzt werden können.
Informatiker eines SFB-Teilprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Hinrichs und Dr. Timo Ropinski entwickeln eine Visualisierungssoftware, die genau auf die Bedürfnisse ihrer Kollegen aus der Medizin zugeschnitten ist: Im Gegensatz zu existierenden Programmen bietet die SFB-eigene Software "Voreen" zum Beispiel die Möglichkeit, schon während der Messung und Rekonstruktion Einblick in die Daten zu nehmen. Bei der Rekonstruktion werden die Daten von einem speziellen Programm mathematisch nach einer bestimmten Handlungsvorschrift (Algorithmus) ausgewertet und schließlich für die Visualisierung aufbereitet; Messung und Rekonstruktion können zusammen etliche Stunden dauern. "Die Mediziner haben sich gewünscht, die Daten schon während der Messung anschauen zu können", erklärt Jennis Meyer-Spradow, der an der Entwicklung von Voreen arbeitet. "Dadurch können sie schneller erkennen, ob die Aufnahme geklappt hat." Die Forscher arbeiten an der Lösung zahlreicher Probleme, zum Beispiel, wie man Daten aus vielen verschiedenen Quellen wie PET, CT und Ultraschall gleichzeitig darstellen oder die Veränderungen zwischen aufeinanderfolgenden PET-Aufnahmen in einem Bild visualisieren kann.
Die Qualität der Bilder hängt auch von der Leistungsfähigkeit der verwendeten mathematischen Algorithmen ab. Ziel eines weiteren Teilprojekts ist daher die Modellierung der physikalischen Vorgänge beim "Scannen", zum Beispiel der Streuung im untersuchten Objekt, um alle notwendigen Korrekturen in den Rekonstruktionsalgorithmus einbauen zu können. "Die verbesserten Algorithmen sind im Allgemeinen sehr rechenintensiv", erklärt Thomas Kösters, der sich unter Leitung von Prof. Dr. Sergei Gorlatch mit dem Problem beschäftigt. Die Arbeitsgruppe nutzt daher leistungsstarke Parallelrechner. "Um dem medizinischen Personal die Anwendung zu erleichtern, stellen wir ein System bereit, das die Nutzung über eine komfortable graphische Oberfläche ermöglicht", erklärt Kösters, wie die über das Internet verbundenen Hochleistungsrechner trotz der komplizierten Berechnung einfach bedienbar gemacht werden.
Die Forschungsergebnisse des SFB 656 sind für viele Menschen besonders interessant, weil sie weit verbreitete Herzkrankheiten betreffen. Eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit ist daher das Anliegen eines neuen Teilprojekts, dessen Förderung kürzlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die anderen Teilprojekte fördert, bewilligt wurde. "Unser Ziel ist es, die Öffentlichkeit über unsere Arbeit zu informieren.", erklärt Mitarbeiterin Dr. Susanne Weckesser. So sollen zum Beispiel neue Internetseiten in Zukunft Informationen für Patienten mit Herzerkrankungen bieten sowie eine Publikationsdatenbank und ein Diskussionsforum für Fachleute. Die Wissenschaftler besuchen unter dem Slogan "Discover SFB MoBiL" zudem Schüler der Stufen 9 bis 13 in münsterschen Schulen und stellen ihre Arbeit vor. Umgekehrt laden sie die Schüler ein, den Forschern an der WWU bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen und experimentell mitzuarbeiten. "Wir bereiten uns gerade auf den ersten Schulbesuch vor", so Weckesser. "Nach den Herbstferien geht es los."
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Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
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