China und Indien: Wachstum ohne Ende?

12.11.2007

Die Bedeutung der Schwellenländer für die weltwirtschaftliche Entwicklung nimmt weiter zu. Dabei zeigen sich die "Emerging Markets" trotz der zum Teil deutlichen Kurseinbrüche an den Devisen- und Wertpapiermärkten krisenfester als noch vor einigen Jahren. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Analyse der Wirtschafts- und Finanzlage in ausgewählten Schwellenländern durch das Bundesfinanzministerium.

Wachstumsträger Schwellenländer

Trotz der Unsicherheiten der Prognosen über die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung aufgrund der aktuellen Unsicherheiten auf den internationalen Finanzmärkten sind sich die Experten sicher, dass auch mittelfristig die Hälfte des Wachstums weltweit durch Schwellenländer erbracht werden wird. Begründet wird dies u.a. mit dem Hinweis, dass die Emerging Markets durch die Krise auf dem amerikanischen Subprime-Kreditmarkt weniger betroffen sind als die Industriestaaten. So erwartet die Asiatische Entwicklungsbank in diesem Jahr für die gesamte asiatische Region ein robustes Wachstum von 8,3 Prozent. Auch im Jahr 2008 soll das Wachstum der Boom-Region Asien mit 8,2 Prozent ähnlich stark ausfallen. Dabei wird China, inzwischen viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, erstmals den größten Beitrag zum Wachstum der Weltökonomie leisten.

China: Zweistellige Wachstumsraten

Allein im ersten Halbjahr 2007 lag das chinesische Wirtschaftswachstum nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 11,5 Prozent. Das Wachstum im zweiten Quartal erreichte mit 11,9 Prozent den höchsten Wert seit zwölf Jahren. Allerdings hat die chinesische Regierung im Jahr 2007 mit einer gestiegenen Inflation zu kämpfen: 2006 betrug die Inflationsrate noch 1,4 Prozent, im ersten Halbjahr 2007 lag sie mit 3,2 Prozent mehr als doppelt so hoch. Um das anhaltende Kreditwachstum einzudämmen, hat die chinesische Zentralbank in diesem Jahr bereits fünfmal die Zinsen für einjährige Kredite und Einlagen erhöht. Ebenso legte die Zentralbank im Jahr 2007 den Mindestreservesatz für Geschäftsbanken in sieben Erhöhungsschritten von vormals neun Prozent nun bei 12,5 Prozent fest. Das Ziel dieser Erhöhungen ist die Eindämmung überbordender Liquidität, die überwiegend aus den hohen Handelsbilanzüberschüssen resultiert.

Spekulationsfieber ungebrochen

Bisher gelingt es der chinesischen Regierung nicht, das Spekulationsfieber auf dem heimischen Kapitalmarkt zu dämpfen. Trotz der teils spektakulären Kursverluste Ende Februar und im Juni 2007 erholten sich die Aktienmärkte wieder relativ schnell. Versuche, die Entstehung einer Spekulationsblase an den chinesischen Börsen zu verhindern, waren bisher nicht erfolgreich. Parallel zu den Aktienkursen steigt auch die Bedeutung Chinas auf den Weltmärkten.

EU als größter Handelspartner

Das chinesische Handelsvolumen erreichte von Januar bis Juli rund 1,1 Billionen US-Dollar, ein Anstieg um mehr als 24 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum. Dabei belief sich der Handelsbilanzüberschuss auf knapp 137 Milliarden US-Dollar. Die Europäische Union ist weiterhin Chinas größter Handelspartner mit einem Handelsvolumen von etwa 190 Milliarden US-Dollar. Die ausländischen Direktinvestitionen in China stiegen bis Ende Juli 2007 um rund 13 Prozent auf 37 Milliarden US-Dollar. Die immensen Devisenreserven des Landes werden künftig in Teilen auch von einer Investitionsgesellschaft verwaltet. Die Gründung der "China Investment Corporation" hat einen der weltweit größten staatlichen Fonds entstehen lassen, dessen erklärtes Ziel die Steigerung der Profite ist. Als erste wichtige Investition der neuen Gesellschaft gilt der Erwerb von knapp zehn Prozent der Aktien an der Beteiligungsgesellschaft Blackstone im Wert von ca. drei Milliarden US-Dollar. Des Weiteren hat die China Investment Corporation eine Beteiligung am drittgrößten britischen Gasversorger BG Group erworben. Weitere dürften folgen.

Starkes Wachstum auch in Indien

Auch die indische Volkswirtschaft wächst mit kontinuierlich hohen Wachstumsraten. Im abgelaufenen Fiskaljahr 2006/2007 erreichte das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts 9,4 Prozent. Das ist nach China das zweithöchste Wachstumstempo aller wichtigen Schwellenländer. Damit kann Indien auf das stärkste Wachstum seit 18 Jahren zurückblicken. Dabei findet der Aufschwung auf breiter Basis statt: Mit robusten Zuwächsen beim Konsum, bei den Investitionen und den Exporten. Erklärtes Ziel der indischen Regierung bleibt es, Wachstumsraten um acht Prozent auch in den kommenden Jahren zu erreichen, um den nach wie vor großen Problemen des Landes wie Armut, mangelhafte Bildung und Infrastruktur sowie der wenig verlässlichen Energieversorgung begegnen zu können. Im kommenden Fiskaljahr wird Indien voraussichtlich die BIP-Schwelle von einer Billion US-Dollar überschreiten.

Verbessertes Investitionsklima

Die ausländischen Direktinvestitionen in Indien stiegen im Fiskaljahr 2006/2007 nach Angaben der indischen Regierung auf 19,5 Milliarden US-Dollar - ein Anstieg um 11,8 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Als Grund für den rasanten Anstieg sehen die Experten das verbesserte Investitionsklima und das gestiegene Vertrauen der Investoren in den Standort Indien. Aber auch die indischen Direktinvestitionen im Ausland haben enorm zugenommen. Waren es 2005/2006 noch 2,9 Milliarden US-Dollar, so wurden 2006/2007 bereits rund 11 Milliarden Dollar im Ausland investiert. Mit Währungsreserven von 220 Milliarden US-Dollar liegt Indien mittlerweile auf Rang sechs hinter China, Japan, Russland, Taiwan und Südkorea. Gegenüber 1991 hat Indien seine Devisenreserven um den Faktor 40 vervielfacht. Anders als China hatte Indien jedoch im abgelaufenen Fiskaljahr ein Handelsbilanzdefizit von rund 64 Milliarden US-Dollar.

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