Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hält den Vorschlag der EU-Kommission für die Einführung der global einheitlichen Einstufung und Kennzeichnung chemischer Stoffe ("GHS") in der Europäischen Union für verbesserungsbedürftig. Damit ein sachgerechtes Ergebnis mit angemessenem Aufwand für die Branche erzielt werde, sei eine sorgfältige Beratung im Europäischen Parlament wichtiger als die Einhaltung des gesetzten Zeitplans. Das von den Vereinten Nationen vorgegebene Ziel, chemische Stoffe nach weltweit einheitlichen Gefahrenmerkmalen einzustufen und zu kennzeichnen, wird vom VCI grundsätzlich unterstützt. Denn für Staaten, die noch keine oder schlecht funktionierende Chemikalienregelungen haben, werde das sogenannte Global Harmonized System (GHS) zu einem sichereren Umgang mit Chemikalien beitragen, erklärt der VCI. Für weltweit agierende Branchen wie die Chemie sei das GHS außerdem ein wichtiger Schritt zu harmonisierten Rahmenbedingungen über die Grenzen Europas hinaus. Die Europäische Union will das auf UN-Ebene entwickelte GHS möglichst bald übernehmen und damit ein Signal für ein weltweit einheitliches Einstufungs- und Kennzeichnungssystem für gefährliche Chemikalien setzen. Laut offiziellem Brüsseler Terminplan soll bereits zur Jahreshälfte eine Einigung zwischen Parlament und Ministerrat vorliegen, obwohl die Abstimmung im federführenden Umweltausschuss des EU-Parlaments erst Anfang April stattfindet. Dafür müssen außerdem die Voten der beiden mitberatenden Ausschüsse für Binnenmarkt/Verbraucherschutz und Industrie/Forschung vorliegen. Das GHS werde das hohe Schutzniveau in der EU nicht weiter erhöhen, betont der VCI. Die Neueinstufung der Chemikalien nach GHS erfolgt nach geänderten formalen Kriterien und nicht aufgrund von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Systemwechsel, so der VCI, dürfe deshalb nicht zu Regulierungsverschärfungen führen. Die Einführung der GHS-Verordnung hat Auswirkungen auf eine Vielzahl nationaler wie europäischer Rechtsgebiete, zum Beispiel auf den Arbeitsschutz, die Störfallverordnung, das Abfallrecht oder auf die Lagerungsvorschriften. Allein auf europäischer Ebene nehmen 20 Direktiven direkt Bezug auf die Einstufungs- und Kennzeichnungsbestimmungen. Auf deutscher Ebene ist die Zahl der verbundenen Rechtsbereiche um ein Vielfaches höher. "Es geht also nicht nur um eine Systemumstellung, sondern um die Anpassung einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, technischen Regeln und Normen", betont Dr. Heinz-Günter Schäfer, GHS-Experte im VCI. Der VCI fordert, dass die formale Umstellung der Kennzeichnung nicht zu einer falsch gewichteten Bewertung der Eigenschaften von Verbraucherprodukten, wie zum Beispiel Wasch- und Reinigungsmitteln, führen darf. So sieht die neue Berechnungsmethode unter anderem auch wesentlich niedrigere Konzentrationsgrenzwerte für die Kennzeichnung "ätzend" vor. Dadurch müsste ein Handspülmittel, das auf seiner Verpackung bisher ohne Sicherheitshinweis vermarktet werden darf, künftig mit dem Symbol "ätzend" etikettiert und mit einem kindergesichertem Verschluss ausgerüstet werden. Der VCI befürchtet eine Fehlsteuerung des Konsumentenverhaltens, die dem Verbraucherschutz nicht dient, wenn milde Handspülmittel und ätzende Rohrreiniger in der gleichen Weise gekennzeichnet werden. Das Warnsymbol müsse dem Eigenschaftsprofil und der bestimmungsgemäßen Verwendung des Produktes angemessen sein. Deshalb fordert der VCI, die ebenfalls im GHS verankerten alternativen Methoden zum Berechnungsverfahren in den gesetzlichen Vorschriften zu verstärken. Da gleichzeitig auch die neue Chemikalienverordnung REACH in der EU umgesetzt wird, ist es nach Ansicht des VCI erforderlich, auf Konsistenz zwischen den beiden sich ergänzenden Gesetzen zu achten. Der Chemieverband hält deshalb eine Untergrenze der Produktionsmenge von einer Tonne pro Jahr für die Meldung von Stoffen in das neue Europäische Chemikalieninventar gemäß REACH für zwingend erforderlich, um unnötige Kosten und Bürokratie zu vermeiden.