Verbrauchernahe Produkte - Sicherheit trotz Vielfalt
Globalisierte Märkte sind eine Herausforderung für den Verbraucherschutz
Über 20 Millionen Produkte rief ein amerikanischer Spielwarenhersteller im vergangenen Jahr zurück, sie enthielten Bestandteile, die für Kinder gesundheitsgefährlich waren. Die Produkte waren in China produziert worden, und die Rückrufaktion entfachte eine breite Debatte über die Sicherheit von Spielzeug und anderen verbrauchernahen Produkten aus China. Die Globalisierung der Märkte und die höchst unterschiedlichen Rechtsregelungen für Produkte, mit denen Verbraucher täglich in Berührung kommen, stellen die Überwachung vor eine große Herausforderung. Können Verbraucher überhaupt darauf vertrauen, dass Spielzeug, kosmetische Mittel, Textilien, Verpackungen von Lebensmitteln, Wasch- und Reinigungsmittel sicher sind?
Diese Frage stand im Mittelpunkt des 5. BfR-Forums Verbraucherschutz, das am 3. und 4. März 2008 im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin stattfand. Unter dem Titel "Verbrauchernahe Produkte - Sicherheit trotz Produktvielfalt" diskutierten rund 200 Teilnehmer aus Wissenschaft und Überwachung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, in welchen Bereichen die Sicherheit verbrauchernaher Produkte gewährleistet ist und wo es Nachbesserungsbedarf gibt. "Es gibt eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt", sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des BfR, "über die Inhaltsstoffe wissen wir allerdings wenig". Einen Teil dieser Wissenslücken will das BfR in Zukunft schließen. Dazu wird vor allem die Abteilung Produktsicherheit mit derzeit 34 Stellen in den nächsten Jahren weiter ausgebaut.
Rund 80 Prozent des Spielzeugs auf dem europäischen Markt ist Importware aus Asien, vor allem aus China. Die Rückrufaktionen von Spielzeugherstellern im vergangenen Jahr machten deutlich, dass diese Importprodukte den Sicherheitsanforderungen für den europäischen Markt zum Teil nicht entsprechen. Diese Anforderungen sind hoch, um Kinder besonders zu schützen. Geregelt sind sie auf europäischer Ebene in der Spielzeug-Richtlinie, die derzeit überarbeitet wird. Mit der Neufassung soll vor allem der Eigenkontrolle der Hersteller größere Bedeutung zukommen als bisher. Derzeit sieht das BfR die chemische Sicherheit von Kinderspielzeug in der Entwurfsfassung jedoch noch nicht ausreichend gewährleistet.
Bei einer anderen Produktgruppe sieht es besser aus: Viele Inhaltsstoffe kosmetischer Mittel sind bereits gesetzlich geregelt, zum Beispiel in Positiv- und Negativlisten erfasst. Zusätzlich müssen in Form der International Nomenclature of Cosmetic Ingredients (kurz INCI-Code) alle Inhaltsstoffe auf der Verpackung deklariert werden. Diese Deklaration kommt vor allem Allergikern zugute, die so Produkte meiden können, die für sie problematische Inhaltsstoffe enthalten.
Die Kennzeichnung von Inhaltsstoffen wurde von den Teilnehmern der Veranstaltung als wichtiges Instrument der Verbraucherinformation und damit als Beitrag zur Produktsicherheit gesehen - solange sie nachvollziehbar und verständlich ist. Gütesiegel hingegen könnten zur Produktsicherheit und Verbraucherinformation nur beitragen, wenn sie von unabhängigen Prüfstellen nach einheitlichen Kriterien vergeben werden.
Nicht nur die Kennzeichnung auf Verpackungen muss stimmen, auch die Verpackungen selbst dürfen für Verbraucher nicht zum Risiko werden. Für Verpackungen von Lebensmitteln gilt ein besonderer Sicherheitsstandard: Aus ihnen dürfen keine Stoffe auf das Lebensmittel übergehen, die die Gesundheit der Verbraucher gefährden können. Da Verpackungen immer häufiger aus Recycling-Materialien hergestellt werden, müssen diese Materialien während des Recyclings mit besonderen Verfahren gereinigt werden. Für Recycling-Kunststoffe wird dieses demnächst europaweit durch eine Verordnung sichergestellt. Für Recycling-Material aus Altpapier gibt es dagegen noch keine einheitlichen Rechtsvorschriften. Hier sind Einzelmaßnahmen, wie sie beispielsweise für Rückstände von Klebstoffen (z.B. Di-isobutylphthalat) in Papieren und Kartons getroffen worden sind, erforderlich.
Jährlich kommen weltweit mehrere Hunderttausend chemische Stoffe neu auf den Markt, von denen allerdings nur ein kleinerer Teil in verbrauchernahen Produkten verwendet wird. Um bewerten zu können, ob ein chemischer Stoff ein Risiko für die Gesundheit von Verbrauchern darstellt, muss neben der Toxizität (Giftigkeit) des Stoffes die Exposition berücksichtigt werden, das heißt, die Art und das Ausmaß, in dem Verbraucher mit dem Stoff in Kontakt kommen. Für zahlreiche Stoffe fehlen hier belastbare Daten, die zur wissenschaftlichen Bewertung benötigt werden. Gerade hier will das BfR künftig Wissenslücken schließen. Forschungsschwerpunkte der erweiterten Abteilung für Sicherheit verbrauchernaher Produkte werden deshalb neben Wirkungsmechanismen allergener Substanzen auf der Haut auch Untersuchungen zur Migration von Stoffen aus Verbraucherprodukten sein.