Biomarker entlarven unser biologisches Alter
Forscher hoffen auf verbesserte Therapien bei der Behandlung altersassoziierter Erkrankungen
K. Lenhard Rudolph
Viele ältere Patienten leiden an alternsassoziierten Erkrankungen, und den Medizinern fällt es häufig schwer einzuschätzen, welche Therapien einem alten Menschen zugemutet werden können. Denn: Das chronologische Alter in Jahren muss nicht zwangsläufig mit dem biologischen Alter übereinstimmen. "Viele ältere Patienten besitzen ein sehr gutes Regenerationsvermögen, besser sogar als manche Jüngeren", sagt Lenhard Rudolph, der Leiter der Studie. Mit seiner Doktorandin Hong Jiang machte er sich deshalb auf die Suche nach Biomarkern, die Hinweise auf das biologische Alter eines Menschen liefern. Unterstützt wurden die beiden Max-Planck-Forscher bei ihrer Suche von Harald Mischak von der Firma Mosaiques Diagnostics.
Die Wissenschaftler nahmen die Telomere, die Endstücke der menschlichen Chromosomen, genauer unter Beobachtung. Sie sind notwendig, um das Chromosom stabil zu halten und gleichzeitig abzuschirmen. Telomere verkürzen sich jedoch bei jeder Zellteilung um 50 bis 200 Basenpaare - im Verlauf des Älterwerdens werden sie schließlich so kurz, dass ihre Schutzfunktion verloren geht. Die Folge: Die Chromosomen werden instabil und die Zelle verliert irreversibel ihre Teilungsfähigkeit. Wissenschaftler konnten mittlerweile nachweisen, dass hierin ein Auslöser der Zellalterung liegt.
Rudolph und Jiang entdeckten, dass die Verkürzung der Telomere und DNA-Schäden, die sie in ihrer Studie durch radioaktive Strahlung ausgelöst hatten, zu einer überlappenden Reaktion in den menschlichen Zellen führen: In den betroffenen Zellen kommt es in beiden Fällen zu einer Freisetzung von Markerproteinen. "Eine interessante Beobachtung war, dass die gleichen Proteine auch im menschlichen Blut gemessen werden können und ein deutlicher Anstieg im Rahmen der Alterung und bei alternsassoziierten Erkrankungen nachweisbar ist", fasst Rudolph zusammen.
Die Ergebnisse ihrer Arbeit stellen somit nicht nur aussagekräftige Marker für die biologische Alterung der Menschen bereit, sondern untermauern zudem die DNA-Schädigungs-Hypothese der menschlichen Alterung. Die Max-Planck-Forscher hoffen auf den Einsatz ihrer Biomarker in der Klinik. Denn Therapien könnten dann individuell auf das biologische Alter der Patienten angepasst und so bessere Therapieergebnisse erzielt werden. Doch die Biomarker haben noch mehr drauf, wie Rudolph erklärt: "Sie könnten auch genutzt werden, um Verhaltensmaßnahmen, Nahrungszusätze und pharmakologische Therapien zur Verzögerung von Alternsvorgängen zu testen."
Originalveröffentlichung: Hong Jiang, Eric Schiffer, Zhangfa Song, Jianwei Wang, Petra Zürbig, Kathrin Thedieck, Suzette Moes, Heike Bantel, Nadja Saal, Justyna Jantos, Meiken Brecht, Paul Jenö, Michael N. Hall, Klaus Hager, Michael P. Manns, Hartmut Hecker, Arnold Ganser, Konstanze Döhner, Andrzej Bartke, Christoph Meissner, Harald Mischak, Zhenyu Ju, and K. Lenhard Rudolph; "Proteins induced by telomere dysfunction and DNA damage represent biomarkers of human aging and disease"; PNAS 2008 vol. 105 no. 32 11299-11304.
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