Wasserstoffbrücken: Forscher finden neuen Mechanismus
BESSY
Die Forscher fanden heraus, dass Hydroxidionen in der Lage sind, auch über ihr Wasserstoffatom Wasserstoffbrücken auszubilden. Bisher nahm man an, dass Hydroxidionen nur als sogenannte Protonenakzeptoren fungieren können, das heißt ihr negativ geladenes Sauerstoffatom tritt mit Protonen der umgebenden Wassermoleküle in Wechselwirkung. Winter und Kollegen wiesen nun nach, dass Hydroxidionen in einer wässrigen Natriumhydroxidlösung, nach Anregung durch Photonen Energie auf benachbarte Wassermoleküle übertragen können, sofern sie in einer ganz bestimmten Weise um das Hydroxidion angeordnet sind. Ersetzten die Forscher in ihren Versuchen die Hydroxidionen durch die ebenfalls negativ geladenen Chlorid- oder Fluoridionen, konnten sie das Phänomen nicht beobachten. Daraus schlossen sie, dass die im Spektrum beobachteten Resonanzmuster von der schwächeren Donor Wasserstoffbrückenbindung herrührten. Diese Unterscheidung lässt sich für die hydratisierten Halogenionen nicht machen. Mit anderen Worten, Halogenionen "wandern" durch die Lösung, bei Hydroxidionen wird die Ladung von Molekül zu Molekül "weitergereicht" (Strukturdiffusion).
Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher die Photoelektronenspektroskopie und als Photonenquelle die Synchrotronstrahlung. Bei dem Verfahren wird die wässrige Probe mit Photonen einer genau definierten Energie angeregt. Je nach Energie können die Photonen die Elektronen der Moleküle auf ein höheres Energieniveau heben oder sie sogar aus den Molekülen "heraus katapultieren". Durch Messung der Energie der freiwerdenden Elektronen lassen sich dann Aussagen über die elektronischen Eigenschaften des Moleküls und über den Aufbau von chemischen Bindungen treffen.
Winter und seine Kollegen sind die ersten, die Photoelektronenspektroskopie auch auf wässrige Lösungen anwenden können. Sie mussten dabei das Problem umgehen, dass sich die Energien von Photoelektronen aufgrund des hohen Dampfdruckes von Wasser nicht detektieren lassen. Das gelingt erst, wenn man das Wasservolumen auf die Größe eines nur wenige Mikrometer dünnen kontinuierlichen Strahls reduziert. Hat dieser sogenannte Microjet eine genügend hohe Geschwindigkeit, lässt sich dann auch einem vorzeitigen Gefrieren in der Vakuumkammer zuvorkommen.
Originalveröffentlichung: E.F. Aziz et al, Nature 2008, 455, 89-91.
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