Haarspalterei in zerbrechlicher Mikrowelt

Berliner Forscher revolutionieren mit winzigsten Strukturen auf Glas die Mikroelektronik

19.11.2008 - Deutschland

Im Grunde wäre Glas ein idealer Werkstoff für elektronische optische Bauelemente, denn es ist chemisch unanfällig und lichtdurchlässig - wäre da nicht seine Sprödigkeit, die hohe Verarbeitungstemperatur und die Tatsache, dass es sich nur aufwändig mechanisch bearbeiten lässt.

MSG Lithoglas

Sensoren mit hoher Ausbeute bei geringen Kosten im Waferverbund

Nun haben Forscher der MSG Lithoglas AG zusammen mit dem Fraunhofer IZM nach eigenen Angaben die so genannte "Additive Mikrostrukturierung" von Glas entwickelt, mit der die Produktion von Image- und Photosensoren, etwa für hochauflösende Kamerachips oder bei Photodioden für BluRay-Laufwerke, extrem vereinfacht und kostengünstiger gestaltet werden kann. Darüberhinaus gilt die Entwicklung aufgrund ihrer Bioverträglichkeit als spannendes Verfahren für die Medizintechnik.

Um Glas mit mikrometerfeinen Strukturen zu versehen, verwendet man bislang Ätz- oder Sandstrahltechniken, mit denen winzige Schichten vom Glassubstrat abgetragen, also gewissermaßen substrahiert, werden. Verfahren, bei denen auf das vorhandene Glas feinste Strukturen aufgebaut werden, existieren zwar ebenso. Jedoch kommt es bei solchen additiven Methoden wie dem Siebdruck durch meist hohe Prozesstemperaturen zu Veränderungen der optischen Eigenschaften, und die Auswahl der Substratsmaterialien ist sehr begrenz. Organische Träger sind hier nicht möglich.

Die von den Berliner Forschern entwickelte Methode umgeht derlei Beschränkungen und erzielt überdies 50-mal genauere Strukturbreiten. Dabei setzen die findigen Forscher auf ein Prinzip, das bereits seit über 30 Jahren bekannt ist: Die Elektronenstrahlverdampfung. Bei diesem Vakuumprozess wird ein Feststoff (Borosilikatglas) verdampft und kondensiert anschließend in feinsten Formationen auf einer Glasoberfläche - eben additive Mikrostrukturierung. Durch die Weiterentwicklung dieser Technologie durch die Berliner Forscher können so Glasmikrostrukturen mit einer Breite von weniger als 2 µm erzielt werden.

Weil sich die Temperaturen während der Strukturierungsprozesse auf maximal 120 °C beschränken und etablierte Verfahren wie die Lithografie für mehrere Wafer parallel verwenden lassen, bleiben die optischen Glaseigenschaften bei gleichzeitig geringen Prozesskosten erhalten. Den Anwendungen für diese Technologie sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Als Beispiel dort, wo optische Informationen in der Mikroelektronik verarbeitet werden, kann sie kostengünstig und in großen Stückzahlen zum Einsatz kommen: für Mikrospiegel in Scannern und Displays, in Beschleunigungs- und Drucksensoren, als Lichtquellen wie Halbleiterlasern oder LEDs.

Die Technologie ist für den Innovationspreis Berlin-Brandenburg nominiert.

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