Jeder Schuss ein Treffer
Wissenschaftler entwickeln neue Methode zur vollständigen Charakterisierung einzelner ultrakurzer Laserpulse
In dem Experiment schießen die Physiker ultrakurze Laserpulse hoher Intensität in ein Gastarget und bestimmen im Anschluss daran die Energie und die Richtung der dadurch frei gesetzten Elektronen. Die Pulse sind linear polarisiert, d.h. das elektrische Feld schwingt in einer Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Der Intensitätsverlauf des Pulses wird durch die sogenannte "Pulseinhüllende" bestimmt. Bei einem Laserpuls aus wenigen Schwingungen hängt die elektrische Feldstärke extrem stark von der relativen Lage, d.h. der "Phase", innerhalb der Einhüllenden ab, was wiederum die Wirkung des Pulses beim Auftreffen auf ein Atom entscheidend beeinflusst. Bei hohen Repetitionsraten verwendet man daher Laserpulse, deren Phasen bereits stabilisiert sind.
"Alle bisherigen Experimente mitteln über eine große Zahl von Laserschüssen für einen einzigen Messpunkt und mitteln dabei über (geringfügige) Phasenfluktuationen. Bei niedrigen Wiederholraten, z.B. 10 Hertz, haben die einzelnen Pulse eine sehr unterschiedliche Phase", erklärt Prof. Reinhard Kienberger. "Hier müssen wir die absolute Phase eines Laserpulses im Einzelschuss bestimmen, und das erforderte technische Weiterentwicklung und einen grundsätzlich neuen Ansatz der Datenevaluierung."
Je weniger Zyklen der Laserpuls enthält, desto stärker beeinflusst die relative Phase das Ergebnis der Reaktion. So wird - etwas vereinfacht - das höchstenergetische Photoelektron bei Puls A erwartungsgemäß nach links (in Bezug auf die Ausbreitungsrichtung) geschleudert, bei Puls B nach rechts. Dies gilt allerdings nur für die Elektronen, die genau zu dem Zeitpunkt beschleunigt werden, an dem die Feldstärke ihr Maximum erreicht hat. Sie erhalten durch das starke Laserfeld weit mehr Energie (bis das 10-fache), als sie für die Freisetzung vom Atom benötigen, weshalb sie auch als ATI (Above Threshold Inonization)-Elektronen bezeichnet werden. Bei Beschränkung auf energiereiche Photoelektronen kann man also aus deren Richtung auf die relative Phase der Trägerwelle schließen. Vergleicht man nun die Richtungsasymmetrie der ATI-Elektronen bei verschiedenen Energiebereichen, erhält man eindeutige Information über die Phase des Pulses, der die Elektronen aus dem Gas freigesetzt hat. In einer Reihe von Messungen, in denen sie nicht-phasenstabilisierte Pulse verwendeten bzw. die Phase stabilisierter Pulse gezielt variierten, wiesen die MPQ-Wissenschaftler die erwartete und auch numerisch berechnete Asymmetrie bei der Aussendung von Photoelektronen experimentell nach. Auf diese Weise bestimmten sie für einzelne Laserpulse die relative Phase der Trägerwelle mit einer Genauigkeit von nur wenigen Grad. Dadurch lässt sich die Qualität der Phasenstabilisierung bei Lasern mit hoher Repetitionsrate genauer als bisher überprüfen.
Die hier beschriebene Methode ermöglicht es weiters, gezielt Laserpulse mit der gewünschten Phase zu selektieren, wie sie für die Erzeugung von energiereichen Attosekundenblitzen im Kiloelektronenvolt-Bereich notwendig sind. Eine der größten Herausforderungen der derzeitigen Laserentwicklung besteht in der weiteren Verkürzung der Pulsdauern bis hin zu Laserpulsen aus nur einem Wellenzug. Da, wie numerische Rechnungen zeigen, die Asymmetrie in den Spektren der ATI-Elektronen mit abnehmender Pulsdauer immer stärker wird, ist das hier beschriebene Verfahren für die Charakterisierung solcher Pulse optimal.
Originalveröffentlichung: T. Wittmann et al.; "Single-shot carrier-envelope phase measurement of few-cycle laser pulses", Nature Physics, Advance online Publication, 19. April 2009