Messen statt züchten: Schnelle Hilfe bei Legionellen

18.01.2010 - Deutschland

In Ulm gibt es seit Mitte Dezember eine ungewöhnliche Häufung an bakteriellen Infektionen durch Legionellen. Die Suche nach der Infektionsquelle läuft auf Hochtouren, ist aber mit herkömmlichen Methoden sehr langwierig. Neue Screening-Verfahren von Fraunhofer IPM könnten die Suche in Zukunft deutlich abkürzen.

"Erste Ergebnisse werden in einer Woche vorliegen", das liest man derzeit häufig im Zusammenhang mit der Suche nach der Infektionsquelle für Legionellen-Erkrankungen in Ulm. Dass die Laborergebnisse so lange auf sich warten lassen, hängt mit dem heute üblichen Nachweis von Legionellen durch Vermehrung zusammen. In der Zeit, die die Nachzucht erfordert, werden sich wahrscheinlich weitere Ulmer Bürger an dem Bakterienherd infiziert haben. In Verdacht stehen bestimmte Klimaanlagen - so genannte Nasskühlsysteme -, wie sie auf vielen Gebäudedächern zu finden sind. Um in Zukunft Infektionsquellen schneller ausmachen zu können, entwickelt das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg Analysemethoden, mit denen sich biologische Partikel innerhalb weniger Stunden bestimmen lassen.

Langwierig: Nachweis durch Nachzüchten

Legionellen sind rund zwei bis fünf Mikrometer-große Bakterien, die in feuchten Milieus vorkommen und sich am besten in stehendem Wasser bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius vermehren. Dementsprechend findet man diese Feuchtkeime bevorzugt in Wasseranlagen, Luftbefeuchtern, Klimaanlagen, Duschköpfen oder Whirlpools. Werden verkeimte Wassertröpfchen eingeatmet, kann dies zu einer Lungenentzündung führen, vorausgesetzt die Legionellen-Konzentration in den Wassertröpfchen ist recht hoch (etwa 1.000 Keime pro Milliliter) und die Tröpfchen sind klein genug. Treten solche Infektionen auf, muss nicht nur der Mensch behandelt, sondern vor allem auch die Infektionsquelle beseitigt werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Leider dauert der heute übliche Nachweis von Legionellen vier bis sieben Tage: Zunächst werden Proben genommen und auf einer Nährlösung kultiviert, um die enthaltenen Mikroorganismen zu vermehren. Erst danach gelingt die Charakterisierung. Weil diese Methode nicht wesentlich beschleunigt werden kann, verzichtet Fraunhofer IPM aufs Nachzüchten und hat sich auf die schnelle Erkennung von einzelnen biologischen Partikeln und Keimen spezialisiert. Denn mit jedem Tag, der verstreicht, um eine Infektionsquelle zu finden, können sich - wie derzeit beim Ulmer Legionellen-Fall - weitere Menschen infizieren.

Schnell: Neuartige Screening-Verfahren

Mikrometer-kleine Partikel wie feinste Stäube oder Pollen verursachen verschiedenste Atemwegserkrankungen. Gefährlicher, wenn auch seltener, sind bestimmte in der Atemluft schwebende Keime oder Bakterien wie z. B. jetzt in Ulm die Legionellen. Hätte man ein Frühwarnsystem, das bereits geringe Konzentrationen dieser Partikel in der Luft aufspüren könnte, ließen sich solche Erreger frühzeitig eindämmen und Infektionen vorbeugen. Vier Projekte am Fraunhofer IPM stehen beispielhaft für das Know-how des Instituts beim Aufbau vollautomatischer Systeme zur optischen Partikelerkennung. Die Systeme messen Pollenkonzentrationen, Feinstaub-Zusammensetzungen und identifizieren verschiedene Keime und deren Konzentration. Zur Weiterentwicklung der Systeme und für die Adaption an spezielle Aufgaben ist Fraunhofer IPM an weiteren Projektpartnern interessiert.

- "BioRaman": Bei der so genannten Ramanspektroskopie können einzelne Bakterien über die Aufnahme eines spektralen Fingerabdrucks identifiziert werden. Auf Grundlage dieser Technik entwickelt Fraunhofer IPM zusammen mit weiteren Fraunhofer-Instituten innerhalb des Projekts "BioRaman" ein System zur Sterilitätskontrolle von Knorpel-Transplantaten und Zellkulturen. Dieses System könnte mit geringem Aufwand an die Detektion von Legionellen angepasst werden.

- "Secure Air": Um ein Testsystem zu entwickeln, das Mikroorganismen in der Luft schnell und präzise detektiert, arbeitet Fraunhofer IPM im Verbundprojekt "Secure Air" mit anderen Fraunhofer-Instituten zusammen. Die Wissenschaftler greifen dabei auf spezifische Antikörper zurück, mit denen sich ein Organismus gegen Eindringlinge verteidigt. Versieht man solche Antikörper zusätzlich mit Fluoreszenzmarkern, lassen sich Art und Anzahl der schädlichen Mikroorganismen optisch nachweisen. Ein Demonstrator des Testsystems existiert bereits.

- "MONET": Fraunhofer IPM entwickelt im Auftrag der Firma GIP Messinstrumente GmbH und in Zusammenarbeit mit anderen Partnern das Messsystem "MONET" zur molekülspezifischen Identifikation von (Fein-) Staubpartikeln. Bestandteil des Gesamtsystems ist eine Vorrichtung zur schnellen online-Vorklassifikation von Aerosolpartikeln nach ihrer Zusammensetzung. "MONET" informiert innerhalb weniger Minuten über die Gesamtzahl der in der Luft vorhandenen Partikel sowie über die biotischen bzw. abotischen Anteile in verschiedenen Größenklassen. Damit lassen sich biotische Partikel wie Legionellen schnell aufspüren.

- "Biochip-Reader": Fraunhofer IPM hat eine Plattform für die Analyse von Biochips aufgebaut, die mit einem fluoreszenzoptischen Verfahren ortsaufgelöst ausgelesen werden. Damit können viele Nachweisreaktionen schon in geringen Konzentrationen parallel analysiert werden. Diese Plattform wird zurzeit für diagnostische Anwendungen genutzt; das Verfahren ist aber auch für die Erkennung von Mikroorganismen geeignet und liefert in kurzer Zeit spezifische Informationen.

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Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.

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