Ingenieure der Universität Magdeburg revolutionieren molekulare Mikroskopie

Einzelne Moleküle vermessen elektrische Potenziale

01.07.2019 - Deutschland

Ingenieure der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben in Zusammenarbeit mit Kollegen des Forschungszentrums Jülich ein Verfahren entwickelt, die elektrischen Potenziale von Molekülen und molekularen Oberflächen in bisher unerreichter Präzision und Geschwindigkeit zu vermessen. Mit der sogenannten Raster-Quantenpunkt-Mikroskopie ist es ihnen erstmals gelungen, hochaufgelöste Landkarten molekularer elektrischer Potenziale, also der im Umfeld sämtlicher Materie vorkommenden elektrischen Felder, innerhalb von Minuten zu erstellen.

„Sämtliche Materie besteht aus positiv geladenen Atomkernen und negativ geladenen Elektronen“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Rolf Findeisen vom Institut für Automatisierungstechnik der Universität Magdeburg. „Diese erzeugen elektrische Potenziale. Mit herkömmlichen Verfahren war es bisher kaum möglich, diese kleinräumigen Felder zu vermessen, die für viele Eigenschaften und Funktionalitäten von Stoffen verantwortlich sind.“

Bei der neuentwickelten Raster-Quantenpunkt-Mikroskopie wird ein einzelnes Molekül, der sogenannte Quantenpunkt, auf die Spitze der Nadel eines Rasterkraftmikroskops geheftet. Diese Spitze fährt mit dem Molekül bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt, wie die Nadel eines Plattenspielers, über die Probe und erstellt so Stück für Stück und über Stunden eine zusammenhängende Darstellung der Oberfläche.

Prof. Rolf Findeisen entwickelte gemeinsam mit seinem Doktoranden Michael Maiworm für das neuartige Mikroskopierverfahren einen Regler – einen Algorithmus, der den Abtastvorgang steuert. Der macht die präzise, aber bisher sehr langwierige Vermessung von Potenzialen molekularer Auflösung in wenigen Minuten möglich. „Mit dem neuen Regler können wir jetzt die gesamte Oberfläche eines Moleküls einfach scannen, wie mit einem normalen Rasterkraftmikroskop“, so Christian Wagner vom Forschungszentrum Jülich. Dies ermöglicht hochauflösende Bilder des Potenzials, die vorher unerreichbar schienen.

Einsatzmöglichkeiten für diese neue ungewöhnlich präzise und schnelle Mikroskopietechnik gebe es viele, führt Michael Maiworm aus, der den Regler maßgeblich im Rahmen seiner von Prof. Findeisen betreuten Dissertation entwickelte. „Sie reichen von physikalischen Grundlagenfragen über die Halbleiterelektronik - bei der schon ein einzelnes Atom für die Funktionalität entscheidend sein kann - und molekulare chemische Reaktoren bis hin zur Charakterisierung von Biomolekülen wie unsere DNA oder biologische Oberflächen.“

Die Arbeit ist ein Teil einer Kooperation zwischen Magdeburg und Jülich, bei der es um die gezielte und automatisierte Manipulation von Objekten auf der Nanoebene geht. Hierbei erhält die molekulare Spitze eine Doppelfunktion: Sie ist gleichzeitig Messsonde und Werkzeug. Das eröffnet die Möglichkeit, künftig mittels 3D-Druck Nanostrukturen herzustellen. Denkbar ist beispielsweise die Herstellung elektrischer Schaltkreise bestehend aus einzelnen Molekülen oder von Sensoren molekularer Dimension und Auflösung.

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