Gründe der Rauheit

Ursprünge der Beschaffenheit von Oberflächen untersucht

19.02.2020 - Deutschland

Die meisten natürlichen und künstlichen Oberflächen sind rau: Metalle und selbst Gläser, die mit dem bloßen Auge glatt erscheinen, sehen unter dem Mikroskop aus wie Berglandschaften. Es gibt derzeit keine einheitliche Theorie über den Ursprung dieser Rauheit, die auf jeder Größenskala, von atomaren bis zu tektonischen Abständen, beobachtet wird. Wissenschaftler vermuten, dass sich die raue Oberfläche durch irreversible plastische Verformungen bildet, die bei vielen Prozessen der mechanischen Bearbeitung von Bauelementen wie zum Beispiel dem Fräsen auftritt. Prof. Dr. Lars Pastewka von der Professur für Simulation am Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg hat mit einem Team eine solche mechanische Belastung in Computersimulationen nachgestellt. Dabei fanden die Forscher heraus, dass Flächen aus unterschiedlichen Materialien, welche mit verschiedenen Methoden plastisch verformt werden, stets Oberflächenrauigkeit mit identischen statistischen Eigenschaften entwickeln.

AG Pastewka

Flächen aus unterschiedlichen Materialien entwickeln stets Oberflächenrauigkeit mit identischen statistischen Eigenschaften.

Geologische Oberflächen wie beispielsweise Berglandschaften entstehen durch mechanische Verformung, die dann zu Prozessen wie Bruch oder Verschleiß führt. Technische Oberflächen durchlaufen typischerweise viele Schritte der Formgebung und Veredelung, wie das Polieren, Läppen und Schleifen, erklärt Pastewka. Die meisten dieser Oberflächenveränderungen, ob natürlich oder technisch, führen zu plastischen Verformungen auf der kleinsten atomaren Längenskala: „Selbst an Rissspitzen der meisten spröden Materialien wie Gläsern findet man eine endliche so genannte Prozesszone, in der das Material plastisch verformt wird“, sagt der Freiburger Forscher. „Rauheit auf diesen kleinsten Skalen ist wichtig, da sie die Kontaktfläche und damit Haftung, Leitfähigkeit und andere funktionelle Eigenschaften von Oberflächen im Kontakt steuert.“

In Zusammenarbeit mit Kollegen des Karlsruher Instituts für Technologie, der École Polytechnique Fédérale de Lausanne/Schweiz und der Sandia National Laboratories/USA und finanziert vom Europäischen Forschungsrat (ERC), konnte Pastewka mit seiner Arbeitsgruppe am Großrechner JUQUEEN des Jülich Supercomputing Centres die Oberflächentopographie für drei Referenzmaterialsysteme simulieren: für einkristallines Gold, eine Hochentropielegierung aus Nickel, Eisen und Titan das metallische Glas Kupfer-Zirkon, bei dem die Atome keine geordneten Strukturen, sondern ein unregelmäßiges Muster bilden. Für jedes dieser drei Materialien ist bekannt, dass sie eine andere mikromechanische oder molekulare Eigenschaft aufweisen. Die Wissenschaftler untersuchten nun den Mechanismus der Verformung und die daraus resultierenden Veränderungen im atomaren Maßstab sowohl innerhalb des Festkörpers als auch an deren Oberfläche.

Dabei stellten Pastewka, der auch am Exzellenzcluster Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS) beteiligt ist, und sein Team fest, dass trotz ihrer unterschiedlichen Strukturen und Materialeigenschaften alle drei Systeme, wenn sie komprimiert werden, raue Oberflächen mit einer so genannten selbstaffinen Topographie entwickeln. Das bedeutet, die Systeme haben identische geometrische Strukturen, unabhängig davon, auf welcher Skala sie beobachtet werden: Oberflächentopographie in einem virtuellen Mikroskop auf Nanometern ist nicht von der Struktur von Berglandschaften auf der Skala von Kilometern zu unterscheiden. „Dies ist eine Erklärung dafür“, so Pastewka, „warum in Experimenten eine nahezu universelle Struktur von Oberflächenrauheit beobachtet wird.“

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