Molekül zeigt Potenzial für Quanteninformation

Ein lichtempfindliches metallhaltiges organisches Molekül reagiert auf infrarotes Licht - ein Hinweis auf den praktischen Einsatz in der Quantentechnologie

28.08.2024
DESY

Die Forschende haben mit Infrarotlicht die Spin-Zustände der Eisenionen im Molekül geändert.

Es geht um eine Familie von Molekülen, die dafür bekannt ist, sich durch Strahlen zu verbiegen - da passt es gut, dass mitten im Sommer ein internationales Team von Forschenden neue Erkenntnisse über sie veröffentlichen konnte, die dafür gewonnen an ultraschnellen optischen Lasern und Synchrotronlichtquellen wie PETRA III bei DESY. Diese Moleküle, die kostengünstig herzustellen sind, gelten als gute Kandidaten für die Übertragung von Quanteninformation. Dass die Moleküle ihre Form ändern, wenn sie mit sichtbarem Licht bestrahlt werden, war bereits bekannt. Das Team erweiterte sein Wissen über die Verbindungen, indem es ihr Verhalten bei infrarotem Licht nachstellte, derjenigen Art von Licht, die in der Faseroptik und damit in der Anwendung Verwendung findet. Die Forschungsergebnisse, die die Möglichkeiten des Einsatzes dieser Moleküle in der Quantentechnologie erweitern, werden in der Zeitschrift „Chemical Science“, der Royal Society of Chemistry veröffentlicht.

Jedes Elementarteilchen trägt automatisch Quanteninformation. Diese Information wird durch eine Vielzahl von Merkmalen des Teilchens dargestellt, darunter die Richtung des Spins eines Teilchens. Diese Eigenschaften können auf andere Teilchen übertragen werden. Das in diesem Experiment verwendete Molekül ist eine synthetische, lichtempfindliche Verbindung, die auf einem Ring aus vier organischen Liganden mit zwei Eisenionen basiert. Die Eisenionen befinden sich normalerweise in einem sogenannten Low-Spin-Zustand. Wenn die Ionen von einem anderen Teilchen - etwa einem Lichtteilchen, einem Photon - eine Spin-Information erhalten, können sie in einen High-Spin-Zustand übergehen. Die Umwandlung vom Low-Spin-Zustand in den High-Spin-Zustand bewirkt, dass sich ein großer organischer Teil des Moleküls, der an das Ion gebunden ist, bewegt. Diese Bewegung ist das Produkt der Übersetzung der Quanteninformation, was bedeutet, dass es als eine Art detaillierter molekularer Schalter fungieren kann - ein potenziell sehr nützliches Bauteil.

„Das Molekül ist materialtechnisch gesehen sehr günstig - es ist etwa so billig wie Plastik“, sagt die Erstautorin der Studie Simone Techert, Leitende Wissenschaftlerin bei DESY und Professorin an der Universität Göttingen. „Wir wussten, dass es auf sichtbares Licht reagiert, aber niemand hatte bisher bestätigt, dass es auch auf infrarotes Licht reagieren kann - das war noch eine völlig offene Frage.“ Diese Eigenschaft ist wichtig, denn in der Quantentechnologie wird Infrarotlicht verwendet, das durch Glasfasern gepulst wird. Dies warf jedoch ein Problem auf: Sichtbares Licht ist energiereicher als infrarotes Licht, daher werden mehr infrarote Photonen benötigt, um denselben Effekt in den Eisenionen des Moleküls auszulösen. „Es bestand die Gefahr, dass die höhere Intensität des Infrarotlichts das Molekül beschädigt“, sagt Techert.

Techert und ihr Team nutzten die Lichtquelle PETRA III und einen Infrarotlaser, um die Reaktion des Moleküls im Detail zu untersuchen. Mit Hilfe der Spektroskopie konnte das Team die Absorption von zwei Photonen im Eisenion und die daraus resultierende Bewegung des Liganden verfolgen. „Die Anordnung der Eisenatome - in der Chemie auch „Eisengitter“ genannt - funktioniert wie ein Schaltkreis im Molekül, in dem die Eisenionen durch ihren Spin miteinander ‚reden‘“, sagt Erstautor Jose de Jesus Velazquez-Garcia, ein Postdoc in Techerts Gruppe bei DESY. Und es handelt sich um einen spezifischen Austausch von Quanteninformationen, der von dem einfallenden Licht abhängt. Das bedeutet, dass von dem Molekül viele verschiedene Signale ausgehen könnten - nicht nur ein An-Aus-Schalter oder ein Vier-Wege-Schalter, der auf den Eisenionen basiert, sondern vielmehr ein viel komplexeres und nuancierteres Signal. In nächsten Tests will die Forschungsgruppe diese Quanteneffekte weiter analysieren und die Umgebung noch anwendungsnäher gestalten.

„Wir haben gezeigt, dass dieses Molekül praktikabel Quanteninformation übertragen kann“, sagt Techert. „Ich bin sicher, dass eines Tages ein paar clevere Leute auftauchen werden, die daraus einen Teil eines Quantencomputers machen können.“

Das Team bestand aus Forschenden von DESY, der Universität Göttingen und ihrem Sonderforschungsbereich CRC1073 „Atomic Scale Control of Energy Conversion“, der Universität Hamburg und ihrem Exzellenzcluster „CUI - Advanced Imaging of Matter“, und der Universität Potsdam in Deutschland und dem Argonne National Laboratory in den USA.

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