Röntgenanalyse enthüllt zentralen Schalter mit wichtiger Rolle bei Hautkrebs
Vivian Pogenberg, EMBL Hamburg
Vivian Pogenberg/EMBL Hamburg
MITF wird nicht nur mit Hautkrebs in Verbindung gebracht, sondern auch mit verschiedenen Erbkrankheiten, bei denen die Produktion des Hautpigments Melanin gestört ist. Es spielt auch eine Rolle bei manchen Aspekten des Alterns. "Unsere Ergebnisse können eine rationale Grundlage für die Entwicklung maßgeschneiderter Wirkstoffe liefern, die an MITF angreifen", erläutert Erstautor Vivian Pogenberg von der Hamburger Auβenstelle des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie EMBL.
Die Forscher um Pogenberg und EMBL-Gruppenleiter Matthias Wilmanns ließen im Labor kleine Proteinkristalle aus MITF wachsen und durchleuchteten diese mit dem Röntgenlicht von DORIS. Dabei entsteht kein klassisches Röntgenbild, sondern die Kristalle streuen die Röntgenstrahlung auf charakteristische Weise. Aus dem Streubild lässt sich mathematisch die Struktur des Kristalls rekonstruieren und damit die Struktur von MITF. Die Analyse enthüllte ungewöhnliche Veränderungen in dem Molekül, die ihm einen charakteristischen Knick verleihen. MITF bildet ein Doppelmolekül (Dimer) mit langen Spiralen, die wie ein Reißverschluss ineinandergreifen. Der charakteristische Knick in diesem Reißverschluss führt dazu, dass MITF sich kaum an andere Transkriptionsfaktoren binden kann.
Die Forscher konnten auch Strukturänderungen in dem Molekül identifizieren, die auf eine Reihe von bekannten MITF-Mutationen zurückgehen, die etwa zu bestimmten Fellfarben bei Mäusen und zu Tietz- oder Waardenburg-Syndrom beim Menschen führen.
Mit den MITF-Strukturinformationen von DORIS konnten die Wissenschaftler an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF im französischen Grenoble die Verbindung zwischen MITF und der DNA untersuchen. Die Analyse zeigte unter anderem Strukturänderungen durch die namensgebende Mutation, die zu weißem Fell und unnatürlich kleinen Augen (Mikrophthalmie) bei Mäusen führt. Es zeigte sich, dass diese Strukturänderungen die Bindungsstelle zwischen MITF und der DNA beeinflussen, wodurch der Transkriptionsfaktor schlechter an die DNA andockt. Andere Mutationen führen wiederum dazu, dass MITF an zu viele Gene binden kann und so an falschen Stellen andockt.
"Das Fernziel ist, die MITF-Funktionsweise komplett zu verstehen, um zu beurteilen, wie es sich für mögliche Therapien eignet", betont Wilmanns. "Ein möglicher Weg könnte beispielsweise sein, mit maßgeschneiderten Molekülen gezielt die Dimerisierung von MITF in Melanozyten zu stoppen", erläutert Pogenberg. "Alternativ könnte ein anderes passgenaues Molekül den Transkriptionsfaktor daran hindern, die Bindestelle im Erbgut zu erkennen."
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