Ressel-Preis 2013: Die Suche nach dem optimalen Pilz
Viele komplizierte Moleküle, die man in der Pharmaindustrie benötigt, lassen sich nur durch lebende Zellen herstellen. So werden etwa Antibiotika mit Hilfe von Pilzen erzeugt. Bei der Entwicklung solcher Bioprozesse war man bisher meist auf Versuch und Irrtum angewiesen. Andreas Posch an der TU Wien entwickelte nun allerdings Methoden, derartige Herstellungsverfahren wissenschaftlich präzise zu untersuchen. Dadurch wird es möglich, die Zell-Fabriken genau zu verstehen und Bioprozesse in Zukunft ohne langes Ausprobieren zu verbessern. Andreas Posch erhält dafür am 28. Juni den Resselpreis der TU Wien.
Pilze als Chemiefabrik
Seit den 1940ern verwendet man den Pilz Penicillium um im großen Maßstab Antibiotika herzustellen. Wie das genau abläuft, und wie man dabei die besten Ergebnisse erzielt, war bisher allerdings schwer festzustellen. Die physiologischen und morphologischen Eigenschaften des Pilzes bestimmen im Zusammenspiel mit dem technologischen Design des Produktionsprozesses, wie effektiv der Pilz die gewünschten Stoffe produziert.
Wissenschaft und Industrie
Das Forschungsprojekt startete bereits vor drei Jahren und die Pharmafirma Sandoz war von Anfang als Kooperationspartner der TU Wien mit dabei. „Wir entwickelten eine ganze Werkzeugsammlung von Analysemethoden, mit denen genau überwacht werden kann, wie sich der Pilz verhält, und wie die Penicillin-Produktion abläuft“, sagt Andreas Posch.
So werden etwa Pilzzellen beschossen und ihre Bestandteile in einem Massenspektrometer untersucht, wodurch sich der Zustand der Zellen mit deren Protein-Zusammensetzung in Verbindung bringen lässt. Durch punktgenaue Infrarot-Bestrahlung kann die biochemische Zusammensetzung des Pilzgewebes ortsaufgelöst bestimmt werden. Besonders hilfreich ist auch ein neues automatisiertes Lichtmikroskopie-Verfahren: Von einer Pilz-Probe werden mehrere tausend Bilder gemacht und die 3-dimensionale Struktur des Pilzgewebes vom Computer automatisch ausgewertet.
Verstehen statt ausprobieren
Die Zusammenarbeit mit der Firma Sandoz war so erfolgreich, dass die TU Wien und Sandoz nun sogar noch enger zusammenarbeiten: Unter der Leitung von Poschs Dissertationsbetreuer Prof. Christoph Herwig wurde im April 2013 ein Christian-Doppler-Labor eröffnet, in dem biotechnologische Prozesse auf wissenschaftlicher Basis untersucht und verstanden werden sollen.
„Bisher war Bioprozessoptimierung eher eine empirische Wissenschaft“, erzählt Posch. „Doch in Zukunft wird man mit Erfahrungswerten einfach nicht mehr auskommen: Schon die Verwendung eines anderen Stammes derselben Spezies kann dazu führen, dass der Bioprozess völlig umgestellt werden muss, weil der neue Stamm andere Wachstumsbedingungen benötigt.“ Versteht man aber die dahinterliegenden Mechanismen, lassen sich solche Prozess-Anpassungen genau voraussehen. Zeit- und kostenintensive Versuchsreihen werden dadurch überflüssig.
Ressel-Preis
Andreas Posch wird am 28. Juni 2013 mit dem Ressel-Preis der TU Wien ausgezeichnet. Der Resselpreis wird einmal jährlich für eine interdisziplinäre Forschungsleistung vergeben, die aus einem Dissertationsprojekt hervorgehen. Er ist mit 13.000 Euro dotiert.
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