Raffiniert verpackte Genwirkstoffe
Nanopartikel gegen immunologische Erkrankungen
Die neue Arbeitsgruppe um Dr. Jana Burkhardt (Translationszentrum für Regenerative Medizin TRM) und Prof. Achim Aigner (Leiter der Selbständigen Abteilung für Klinische Pharmakologie am Rudolf-Boehm-Institut der Medizinischen Fakultät) hat ihre Arbeit aufgenommen. Ziel der fachübergreifenden Zusammenarbeit ist es, das Immunsystem durch biologische Stoffe zu hemmen, die zu der neuartigen Medikamentklasse der Gen-Therapeutika gehören. Dafür steuern die Projektpartner unterschiedliches Fachwissen bei: Die Biochemikerin Jana Burkhardt ist auf genetische Grundlagen infektionsabwehrender Zellen des Immunsystems spezialisiert, der Pharmakologe Achim Aigner auf therapeutische Nanopartikel und ihre klinische Anwendung. Gemeinsam entwickeln sie nun Wege, wie kleinste Pakete (Nanopartikel) gezielt bestimmte Immunzellen ansteuern können. Die in ihnen verpackten genetischen Botschaften (Nukleinsäuren DNA oder RNA) sollen krankheitsrelevante Prozesse des zukünftigen Patienten positiv beeinflussen.
Derart behandelte Stammzell-Transplantate werden beispielsweise nicht mehr vom Immunsystem abgestoßen, weil die sonst auftretenden entzündlichen Signale unterdrückt werden können. Eine besondere Herausforderung bei jeder Art von Gentherapie ist das Einschleusen der genetischen Botschaften in die Zielzellen. Sie müssen nicht nur ihren Zielort sicher und effektiv erreichen, sondern dürfen auch keine Nebenwirkungen in anderen Geweben verursachen. Ein Stoff hat sich in der Vergangenheit als besonders geeignet herausgestellt: Polyethylenimin (kurz PEI), Aigner hat mit dem Molekül langjährige Erfahrungen und wird es nun auf die Bedürfnisse der Immun-Genetikerin Jana Burkhardt anpassen.
Molekularbiologische Herleitung
Die Grundidee, Gene gezielt auszuschalten, beruht auf der mit dem Nobelpreis gekürten Methode der "RNA-Interferenz", erläutert Aigner seine Weiterentwicklung: "Dabei werden in die Zelle Nukleinsäuren in Form von doppelsträngigen RNA-Molekülen eingeschleust. Unter pharmakologischer Sicht sind sie jedoch ein Alptraum, weil sie zu groß, zu stark geladen und zu instabil sind. Hier kommen Nanopartikel ins Spiel, die wir als Verpackung entwickelt haben. Uns ist es nicht nur gelungen, sie in einen intakten Organismus einzuschleusen, wir können mit ihnen noch dazu ein beliebiges, auszuschaltendes Gen ansteuern." Die Nanopartikel erfüllen dabei gleich drei wichtige Aufgaben: Sie schützen die instabilen Nukleinsäuren, die gleichzeitig kompakt in den Nanopartikeln verdichtet sind, so dass sie leichter von der Zelle aufgenommen werden. Und schließlich vermitteln die Nanopartikel, dass die Nukleinsäuren innerhalb der Zelle wieder freigesetzt werden. "Unsere Nanopartikel funktionieren schon", so Aigner. "Jetzt wollen wir eine neue Generation entwickeln. Ihre Oberfläche soll so gestaltet werden, dass sie spezifische Zielzellen ansteuern, beispielsweise T-Zellen."
T(hymus)-Zellen spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem, indem sie Fremdkörper wie Infektionserreger nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip über Rezeptoren erkennen. "Das Problem in gentherapeutischen Ansätzen für Immunerkrankungen liegt darin, dass T-Zellen außerordentlich schwer zu erreichen sind. Dadurch ist auch ein Therapeutikum schwer einzuschleusen", sagt Burkhardt. "Erste Versuche mit unseren speziell gebauten Nanopartikeln waren vielversprechend und haben die Abstoßung von Stammzell-Transplantaten verhindert." Da dass Verfahren prinzipiell für jede Körperzelle und jedes Ziel-Gen anwendbar ist und enorme Möglichkeiten eröffnet, soll das Projekt auch eine Plattform-Technologie entwickeln. Denn die Übertragung auf andere Erkrankungen des Immunsystems, wie die häufige Rheumatoide Arthritis oder Asthma, ist durchaus denkbar. Eine sächsische Firma hat bereits Interesse bekundet, die Technologie in ihre Produktion aufzunehmen.
Projektförderung bis 2014
Das Leipziger Projekt "Verfahren zur effizienten, Nanopartikel-vermittelten Einschleusung therapeutischer Nukleinsäuren in Zellen des Immunsystems zur Gentherapie immunologischer Erkrankungen" wurde nach einem Auswahlverfahren in die Förderung des Freistaates Sachsen von Forschungsprojekten der Biotechnologie und Lebenswissenschaften aufgenommen. Die Gesamtförderung in Höhe von 168.000 Euro läuft bis Ende 2014.
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