Wie dick ist die Haut von Wasser?
Die Oberfläche von Wasser scheint von einer elastischen Haut bedeckt zu sein, die besonders bei der Entstehung von Wassertropfen und deren Abreißen vom Wasserstrahl sichtbar wird: Das flüssige Wasser wird durch die Oberflächenspannung in Tropfenform zusammengehalten. Diese Beobachtung gilt allgemein für Flüssigkeiten, auch wenn der Effekt teilweise – etwa bei Benzin – erheblich kleiner ausfällt. Die Oberflächenspannung entsteht, weil sich benachbarte Wassermoleküle gegenseitig anziehen. Die Moleküle an der Wasseroberfläche haben weniger Nachbarn und bieten daher weniger Angriffspunkte, sodass die oberste Wasserschicht besonders stabil ist.
Wasser kann – wie andere Flüssigkeiten auch – aber auch innere Oberflächen bilden, etwa wenn im Wasser gelöste Zuckermoleküle von Wassermolekülen umgeben werden. „Inwieweit sich eine solche Störung der Flüssigkeitsstruktur durch die Bildung von Oberflächen in die Flüssigkeit hinein auswirkt, ist Gegenstand vielfältiger Theorien“, sagt Professor Heinz Langhals vom Department Chemie der LMU.
Der Wissenschaftler ist dieser Frage mit seinem Team nun experimentell nachgegangen. „Wir haben dafür ein molekulares Dielektrometer gebaut, mit dem die innere Oberfläche von Flüssigkeiten abgetastet werden kann“, sagt Langhals. Das verblüffende Ergebnis: Eine Lösungsmittelhülle – etwa die Wasserhülle um gelöste Zuckerteilchen – kann sich nicht viel weiter als eine Moleküllage in die Flüssigkeit erstrecken. Dieser Befund wird von den Ergebnissen amerikanischer Wissenschaftler unterstützt, die die Ausdehnung der Wasseroberfläche in die Gasphase spektroskopisch untersuchten. Auch hier war die Oberflächenschicht, in der die Wasserstoffatome der Wassermoleküle in die Gasphase ragen, im Wesentlichen nur so dick wie eine Lage Wassermoleküle.
Offensichtlich verwischt die thermische Bewegung der Moleküle in Flüssigkeiten (Braun’sche Molekularbewegung) den Störeffekt von Fremdmolekülen oder von Oberflächen zur Gasphase sehr schnell. „Als Konsequenz sollten bestimmte gängige Theorien zum Verhalten wässriger Lösungen, wie etwa die Onsager-Theorie, kritisch überarbeitet und angepasst werden“, sagt Langhals.
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